Neuss Das gemalte Bild ist sein eigener Raum

Neuss · Im Ausstellungsraum des Atelierhauses an der Hansastraße zeigt die Malerin Simone Klerx großformatige und einige kleine Arbeiten. "Unbekannter Raum" heißt die Schau, die Sonntag eröffnet wird.

 "Del Sol" heißt das Gemälde von Simone Klerx, das mit der Wahrnehmung spielt.

"Del Sol" heißt das Gemälde von Simone Klerx, das mit der Wahrnehmung spielt.

Foto: Andreas Woitschützke

Simone Klerx erobert sich Räume. Mit Pinsel, Farbe und Leinwand, mit Formen, die die Wahrnehmung narren und auch den Blick auf den umgebenden Raum verändern. Schönes Beispiel dafür ist die jüngste Ausstellung der Neusser Künstlerin aus der Ateliergemeinschaft Studio Bronx an der Jülicher Straße im Atelierhaus an der Hansastraße, die den passenden Titel "Unbekannter Raum" trägt.

Das ist allerdings mehr sinnbildlich zu verstehen. Denn Klerx kennt diesen Raum natürlich gut. Sehr gut sogar. Sie hat lange Zeit im Atelierhaus gearbeitet, und schon lange, so sagt sie, wurde auch darüber gesprochen, dass sie in dem Ausstellungsraum eine Schau mit ihren Werken zeigt. Wie wunderbar, dass das nun geklappt hat.

Im Zentrum steht eine wandfüllende Arbeit. "Unbekannter Raum" ist sie betitelt, und Simone Klerx gibt unumwunden zu, dass es ihr in dieser Ausstellung vor allem um dieses eine Werk gegangen sei. Drei mal drei Leinwände sind in drei Reihen gehängt, reichen fast von der Fußbodenleiste bis zur Decke und ziehen den Blick des Besuchers sofort auf sich. So er sich denn rechts von einer Wand hält, die den Raum in zwei Teile teilt und die Pfeiler in der Mitte größtenteils verbirgt.

Das neunteilige Werk "Unbekannter Raum" bündelt die ganze Kunst der Malerin. Das genaue Austarieren der geometrischen Formen, die einkalkulierten Brüche durch den etwa drei Zentimeter breiten Abstand der Tafeln zueinander, die gedeckten Farben, die "stille Farbigkeit", wie Klerx selbst es so passend sagt - das alles erzeugt eine Tiefe, die das Bild fast plastisch werden lässt.

Noch stärker ist diese Wirkung bei dem Gemälde "Del Sol". Auch da herrschen die gebrochenen Töne, erinnern die Formen sogar an ein Kaleidoskop für Kinder: So wie dieses durch Drehen ein immer neues Formenspiel zeigt, verändert sich die Wahrnehmung von "Del Sol" beim Gehen. Je nach Konzentration tritt dieser Block oder jene Spitze plastisch hervor, und dank der genialen Farbsetzung meint man, ein lebendiges Licht- und Schattenspiel zu erleben, sieht Lichtreflexionen, wo keine sein können. Denn alles ist - nur gemalt.

Jedes Bild ist ein eigener Raum. Wohin setzt er sich fort? Was steckt dahinter? Steckt überhaupt etwas dahinter? Klerx' Malerei hat einen Effekt, den man sich nur wünschen kann: Sie lässt zögern, rätseln, Antworten suchen, aber sie macht nicht rastlos. Im Gegenteil, in ihrer Lebendigkeit liegt eine ruhige Kraft, die aus dem gemalten in den realen Raum drängt.

Das hat was Philosophisches und auch Soghaftes. Während man einige Bilder am besten aus der Distanz wirken lässt, ist eines wie das mit wolkigen Gebilden aus jeder Entfernung ein Faszinosum. Einige Meter vor dem Bild scheinen Wolkenränder regelrecht aufzuleuchten, aus der Nähe betrachtet öffnet sich ein Kosmos von changierenden Farben, die jede Wolke zu etwas Einzigartigem macht.

Das Bemerkenswerte an Klerx' Malerei ist vor allem, dass so viel Stille so mitteilsam sein kann.

(hbm)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort