Solidarität im Lockdown in Neuss Evangelische Kirche unterstützt Künstler

Neuss · Im November sind keine Kunst- und Kulturveranstaltungen erlaubt, Gottesdienste schon. Der Evangelische Kirchenkreis Gladbach-Neuss fördert daher Auftritte von Künstlern in Gottesdiensten.

 Pfarrerin Annette Gärtner steht mit ihrem Mann Jens Bielinski-Gärtner im Mai vor der Friedenskirche in Uedesheim. Sie ist der Aufforderung des Kirchenkreises gefolgt, Künstler in Gottesdienste zu integrieren.

Pfarrerin Annette Gärtner steht mit ihrem Mann Jens Bielinski-Gärtner im Mai vor der Friedenskirche in Uedesheim. Sie ist der Aufforderung des Kirchenkreises gefolgt, Künstler in Gottesdienste zu integrieren.

Foto: Sergej Lepke

Im Gegensatz zum ersten corona-bedingten Lockdown im Frühjahr dürfen die Kirchen im November weiterhin Gottesdienste feiern. Kunst- und Kulturveranstaltungen hingegen sind untersagt. Der Evangelische Kirchenkreis Gladbach-Neuss hat deswegen entschieden, Auftritte von Künstlern in Gottesdiensten mit 10.000 Euro zu fördern. „Uns ist bewusst, dass Kirchen dieses Mal eine Sonderrolle spielen“, sagt Angela Rietdorf, Öffentlichkeitsreferentin des Kirchenkreises. Kirchen seien der Kulturbranche eng verbunden, auch wenn sie natürlich keine Theater seien, sagt sie. Bei der Förderung solle es daher nicht darum gehen, Kulturveranstaltungen in Kirchen anzubieten, sondern künstlerische Auftritte in den Gottesdienst zu integrieren. Mit dem bereitgestellten Geld sollen die Honorare der Künstler bezahlt werden.

„Wir rufen zur Solidarität mit den Kunst- und Kulturschaffenden auf, denen im November jede Auftritts- und Verdienstmöglichkeit fehlt“, sagt Superintendent Pfarrer Dietrich Denker. Pro Gottesdienst werden im November Honorarkosten von bis zu 250 Euro durch den Kirchenkreis erstattet. Inhaltliche Vorgaben gibt es nicht. Die Einbindung von Musikern in den Gottesdienst ist ebenso möglich wie die von Schauspielern, bildenden oder Performance- Künstlern.

Die Evangelische Kirchengemeinde Neuss-Süd folgte dem Aufruf des Kirchenkreises schnell. „Durch den Lockdown im November entstand eine neue Situation, ich musste umplanen“, sagt Annette Gärtner, Pfarrerin in der Friedenskirche in Uedesheim. Den Gedenkgottesdienst an Totensonntag sollten ursprünglich einzelne Mitglieder des Kirchenchors musikalisch begleiten. „Proben vom Chor dürfen aber momentan nicht stattfinden“, sagt Gärtner weiter. Deswegen engagierte sie stattdessen die Sängerin Constanze Schumacher. „Ich finde die Aktion ganz wunderbar“, sagt die Künstlerin. „So etwas müsste es viel mehr geben. Künstler brauchen das jetzt. Und ich denke, dass es auch für die Gemeinden sehr wichtig ist.“ Immerhin dürfen Gottesdienstbesucher nicht selber singen, musikalische Auftritte sind derzeit die einzige Möglichkeit für musikalische Begleitung. An Totensonntag wird es in Uedesheim zwei Gottesdienste geben, eine Anmeldung ist vorab erforderlich, sagt Annette Gärtner. Auch sie freut sich über die Aktion des Kirchenkreises und deren Signalwirkung: „Wir stehen zusammen.“

Das Geld für die Solidaritäts-Aktion zugunsten von Künstlern steht zur Verfügung, „weil es den ersten Lockdown gab“, wie Angela Rietdorf sagt. Dadurch seien zum Beispiel Gelder übrig, die ursprünglich für Präsenz-Veranstaltungen gedacht waren. Da aber beispielsweise alle Synoden in diesem Jahr digital stattfanden, wurden einige Gelder nicht ausgegeben. „Sie sollten dann sinnvoll verwendet werden“, sagt Rietdorf. Die Solidaritäts-Aktion sei „eine spontane Idee“ gewesen, sagt Rietdorf weiter, der von allen Seiten schnell zugestimmt wurde. „Da war kaum Überzeugungsarbeit nötig.“

Auftritte von Künstlern in Gottesdiensten seien nicht ungewöhnlich, betont Rietdorf. Besonders zu großen kirchlichen Festen – insbesondere an Weihnachten – gehören solche Auftritte in vielen Gemeinden dazu. Auch Constanze Schumacher trat schon mehrfach in der Friedenskirche auf. „Im musikalischen Bereich ist es natürlich häufig“, sagt Rietdorf, „seltener ist es, dass Schauspieler dabei sind. Aber auch das kommt vor.“ Besonders sei an der Aktion des Evangelischen Kirchenkreises nun, dass die Gemeinden damit aktiv aufgefordert werden, solche Kooperationen mit Künstlern einzugehen. Und es gehe dabei ausschließlich um Auftritte im November, betont Rietdorf. „Es ist nicht für Auftritte gedacht, die eh schon für Weihnachten geplant sind.“ Für Annette Gärtner hat die Aktion trotzdem eine nachhaltige Wirkung: „Das hat mir die Augen geöffnet.“ Sie wolle versuchen, Kooperationen mit Künstlern auch danach verstärkt im Blick zu halten.

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