Neusser Woche – Schulen in der Corona-Krise Augen zu und durch zum Abi

Meinung | Rhein-Kreis · Chancengleichheit. Geht es um die Frage, wie und wann die Schulen wieder starten sollen, ist davon gern die Rede. Ein möglichst „normales“ Abitur soll es sein, um die Anerkennung bundesweit zu sichern. Das Ziel ist lobenswert, allein mit der Realität hat es nur bedingt zu tun.

 In der Corona-Krise werden die Defizite des Schulsystems besonders deutlich.

In der Corona-Krise werden die Defizite des Schulsystems besonders deutlich.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Chancengleichheit. Geht es um die Frage, wie und wann die Schulen nach der Corona-Zwangspause wieder starten sollen und wie die Abiturienten ihre Prüfungen ablegen können, ist davon gern die Rede. Pädagogen in Talkshows argumentieren damit, zuletzt auch NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer. Ein möglichst „normales“ Abitur soll es sein, um die Anerkennung bundesweit zu sichern. Soweit so gut. Das Ziel ist lobenswert, allein mit der Realität hat es nur bedingt zu tun. Schüler haben nicht nur auf Unterricht verzichtet. Für das Lernen zu Hause gab und gibt es ganz unterschiedliche Rahmenbedingungen: Das fängt an bei der Wohn- und Familiensituation, teils belastet durch zwischenmenschliche Konflikte und Existenzsorgen, und geht über die höchst unterschiedliche Betreuung durch die Schulen bis hin zu einer ebenso unterschiedlichen technischen Ausstattung von Schulen und Schülern für effizientes Online-Lernen. Chancengleichheit? Fehlanzeige. Auch für die Organisation des Neustarts der Schulen gibt es keinen echten Mindeststandard. Während manche Schulen Masken organisieren konnten und über die eigenen Chemiker selbst Desinfektionsmittel produziert haben, fragen sich andere, wie sie die geforderten Hygienestandards einhalten sollen. Hinzu kommt, dass die Abiturienten selbst entscheiden sollen, ob sie am Unterricht teilnehmen: Keine leichte Entscheidung, ist doch damit auch ein Risiko verbunden, sich selbst oder Familienmitglieder zu infizieren. Chancengleichheit ist wichtig. Die Corona-Krise macht aber deutlich, wie weit wir in den Schulen – schon unter Normalbedingungen – von gleichen Chancen entfernt sind. Den Abiturienten 2020 bleibt nicht viel mehr als „Augen zu und durch“. Für kommende Generationen muss Schule besser werden, vor allem besser ausgestattet, mit Menschen und mit (digitalem) Material.