Wirtschaft im Rhein-Kreis Neuss Aufholjagd auf dem Ausbildungsmarkt

Rhein-Kreis · Corona schlägt auf den Ausbildungsmarkt durch: Es gibt weniger Bewerber und weniger Stellen. Aber junge Menschen, die eine Lehrstelle suchen, werden noch fündig. IHK, Agentur für Arbeit und Handwerk betonen die Chancen.

 Sie stellten die Situation auf dem Ausbildungsmarkt vor (v.l.): Stefan Bresser (Kreishandwerkerschaft Mönchengladbach), Angela Schoofs (Agentur für Arbeit) sowie Jürgen Steinmetz und Daniela Perner (beide IHK).

Sie stellten die Situation auf dem Ausbildungsmarkt vor (v.l.): Stefan Bresser (Kreishandwerkerschaft Mönchengladbach), Angela Schoofs (Agentur für Arbeit) sowie Jürgen Steinmetz und Daniela Perner (beide IHK).

Foto: Isabella Raupold (ikr)

Wenn es um den Standort Rhein-Kreis Neuss geht, dann ist oft die Rede von der Lokomotive für die Wirtschaft am Mittleren Niederrhein. Das demonstriert Stärke. Mit Blick auf die Ausbildung könnte die Lokomotive in diesem Jahr aber ruhig noch ein paar Waggons mehr ziehen. Denn die Folgen der Corona-Pandemie haben spürbare Spuren hinterlassen. Industrie- und Handelskammer (IHK), Agentur für Arbeit und die Kreishandwerkerschaft Mönchengladbach haben am Mittwoch die aktuelle Lage auf dem Ausbildungsmarkt vorgestellt. Die Botschaft: Da geht noch was. Denn erstens ist ein Einstieg in die Ausbildung in diesem Jahr noch bis in den Dezember möglich. Und zweitens suchen noch zahlreiche Unternehmen passende Azubis.

Die Zahlen aus dem vergangenen Jahr werden vermutlich dennoch nicht erreicht. IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz betont, dass die Zahl der bei der Kammer eingetragenen Ausbildungsverhältnisse im Rhein-Kreis Neuss mit Stand 1. September im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 13,8 Prozent von 1313 auf 1132 gesunken ist. Eine ähnliche Tendenz ist laut Stefan Bresser, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Mönchengladbach, auch für die Nachbarstadt zu verzeichnen. „Der Trend gilt aber auch im Rhein-Kreis“, sagt er. Unterm Strich gibt es im Kreis ohnehin weniger Azubi-Stellen und weniger Bewerber.

Es gibt jedoch ein Aber: Derzeit läuft eine Art Aufholjagd auf dem Ausbildungsmarkt. „Vor vier Wochen waren meine Sorgenfalten noch deutlich größer als jetzt“, sagt Steinmetz. „Da lagen wir wesentlich weiter hinter den Vorjahreszahlen.“ Mittlerweile sei er guter Dinge, dass man vielleicht schon in den nächsten vier Wochen auf unter zehn Prozent weniger komme. „Wir hoffen auf einen gewissen Aufholeffekt, zumindest in den Branchen, in denen es konjunkturell wieder anzieht.“ In der IHK-Lehrstellenbörse zum Beispiel gebe es derzeit noch rund 160 freie Stellen. Auch im Handwerk gibt es noch freie Stellen.

Der Appell ist klar: Junge Menschen, die noch eine Lehrstelle suchen, sollten sich so schnell wie möglich bewerben. Angela Schoofs, Vorsitzende der Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Mönchengladbach, die auch für den Rhein-Kreis zuständig ist, verweist auf das jüngst veröffentlichte ABC des regionalen Ausbildungsmarkts. „Bei uns steht das C nicht für Corona, sondern für Chancen“, sagt Schoofs. Schließlich sei noch viel Bewegung auf dem Ausbildungsmarkt. „Durch die Corona-Pandemie hat sich alles um ein bis zwei Monate verzögert. Wir bestärken junge Menschen deshalb, sich weiter für ihre Ausbildung in diesem Jahr einzusetzen.“ Schoofs verweist auch auf das Förderangebot der Agentur für Arbeit, das durch Bundes- und Landesprogramme ergänzt worden ist. Das soll vor allem kleinen und mittleren Unternehmen, die von Corona besonders betroffen sind, Anreize schaffen, auf die Ausbildung zu setzen.

Aus dem Nachwuchs, dem jetzt eine Chance gegeben wird, entwickeln sich die Fachkräfte von morgen. Vor Corona gaben Unternehmen in IHK-Umfragen den Fachkräftemangel regelmäßig als größtes Konjunkturrisiko an. „Im Moment“, sagt Steinmetz, „haben die Betriebe andere Sorgen.“ Perspektivisch aber – nach Corona – werde der Bedarf an Fachkräften wieder zum Thema Nummer eins.

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