Neuss Christen sollen Demokratie verteidigen

Neuss · Die "Neue Rechte" in Deutschland beschäftigte das Augustinus-Forum. Christen, so der Tenor, sollten sich ihr entschlossen entgegenstellen.

 Berthold Bonekamp (l.) und Michael Schlagheck (r.) von der Stiftung "Cor Unum" mit Liana Bednarz und Karl Rudolf Korte.

Berthold Bonekamp (l.) und Michael Schlagheck (r.) von der Stiftung "Cor Unum" mit Liana Bednarz und Karl Rudolf Korte.

Foto: Salz

Mit einer ungewöhnlichen Anregung schlug Professor Karl Rudolf Korte, Politikwissenschaftler der Universität Duisburg-Essen, beim Augustinus-Forum am Mittwochabend den Bogen zum gelebten Christsein: "Die Aufgabe der Christen ist das Missionieren der Demokratie." Da die Kirche selbst eher undemokratischen Strukturen folgt, sind hier ihre Mitglieder besonders gefordert, um sich rechten Parteien entschlossen und mit Zuversicht getreu dem Bibelwort "Fürchtet euch nicht" entgegen zu stellen.

"Die Sehnsucht nach einfachen Lösungen - Die neue Rechte in Deutschland" stand als Thema über der gut besuchten Podiumsdiskussion, bei der Korte gemeinsam mit Liane Bednarz, Juristin und Publizistin aus München und Autorin des Buches "Gefährliche Bürger. Die neue Rechte greift nach der Mitte" zunächst die Ursachen für die Entstehung der AfD. Laut Korte sind das grundsätzlich Zeichen einer offenen Gesellschaft und funktionierenden Demokratie, zum anderen Ausdruck verängstigter, allein gelassener Menschen. Nichtwähler seien zudem bereit zum Kulturkampf, kommunale Themen werden von globalen Ereignissen wie der Flüchtlingsproblematik bestimmt, die AfD greife politische Minenfelder auf und lasse ganz einfach andere hassen, so Korte.

Für Bednarz fühlt sich das klassische konservative Milieu nicht mehr repräsentiert und adaptiert in Teilen rechtes Gedankengut. Die AfD operiere mit Bildern und einer Art "Erlöserbotschaft": "Sprachgewinn bedeutet immer Machtgewinn", so die Autorin. Zudem biete das breite Personaltableau der Rechten, das Deckers an eine "Geisterbahn" erinnert, viele Identifikationsmöglichkeiten. Sind Parteirepräsentanten nicht mehr wütend genug, werden sie ersetzt - Beispiel Bernd Lucke. Zudem gebe es Phantomkandidaten, die nie auftauchten. "Hier hat sich ein Wohlstands-Chauvinismus aus der Kombination Angst und Protest entwickelt", erklärte Korte. Ein besonderes Augenmerk richtete der katholische Theologe und FAZ-Redakteur Daniel Deckers, der das Gespräch auf dem Podium im St.-Alexius-/St.-Josef-Krankenhaus leitete, ferner auf die Christen in der AfD. Für deren Mitgliedschaft nannten Korte und Bednarz mehrere Ursachen. Erstens: Christliche Wähler fühlen sich in anderen Parteien nicht repräsentiert und finden sich in der Kirche nicht mehr wieder. Zweitens: Der christliche Glaube besetzt moralische Positionen in der AfD und wird als "Stammesreligion" zum Kampf gegen den Islam eingesetzt.

Bednarz ermunterte die Teilnehmer, wieder selbstbewusster als Christen im öffentlichen Raum aufzutreten und die Opferrolle zu verlassen. Korte meinte: "Laufen Sie keinem Moscheenbau hinterher! Setzen Sie Zuversicht, Pläne und die Kraft der Idee ein und üben Sie lieber das Annehmen des Fremden", so der Politikwissenschaftler. Er plädierte für das Wagen von mehr Ideologie, Emotionen, Lagerkämpfen und einer Vergrößerung der Parteienlandschaft. Die Empörung müsse sich von der Straße ins Parlament verlagern.

Bednarz wiederum drückte die Befürchtung aus, das die AfD mit 15 Prozent der Stimmen in den Bundestag einziehen wird. Das diene eher dem Streit als der Belebung, sagte sie. "Die Sprache eines Björn Höcke ist normal geworden."

(NGZ)
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