Neuss CDU-Wende: Vierte Gesamtschule kommt

Neuss · Die Stadt Neuss wird ihre Schullandschaft erneut umgestalten. Im Schulausschluss wurde nicht nur die vierte Gesamtschule, sondern auch eine zweite Sekundarschule beschlossen. Das dreigliedrige Schulsystem ist damit in Neuss fast passé.

 Die Gesamtschule gehört in Neuss zu den beliebtesten Schulformen. Bei dem diesjährigen Anmeldeprozess waren 169 Kinder abgelehnt worden, 340 Kinder wurden an den drei Gesamtschulen angenommen.

Die Gesamtschule gehört in Neuss zu den beliebtesten Schulformen. Bei dem diesjährigen Anmeldeprozess waren 169 Kinder abgelehnt worden, 340 Kinder wurden an den drei Gesamtschulen angenommen.

Foto: dpa

Es ist ein Meinungswechsel in der CDU, der dazu führen wird, dass sich das dreigliedrige Schulsystem in Neuss endgültig zum Auslaufmodell entwickelt. Gestern hat eine fraktionsübergreifende Mehrheit im Schulausschuss beschlossen, dass die Stadt sowohl eine vierte Gesamtschule als auch eine zweite Sekundarschule bekommen soll — ein Vorschlag, der vonseiten der schwarz-gelben Koalition gekommen war, die damit eine Wende in ihrer Schulpolitik einläutet.

"Wir favorisieren weiter das dreigliedrige Schulsystem, tragen aber der aktuellen Schulentwicklung und dem Elternwillen Rechnung", sagte CDU-Fraktionschefin Helga Koenemann. Ihre Beschlussvorlage wird allerdings dazu führen, dass das dreigliedrige Schulsystem nach der Umsetzung nur noch durch die Realschule Holzheim repräsentiert wird. Denn für jede Schule, die neu geschaffen wird, muss mindestens eine Schule sukzessive aufgelöst werden. Konkret heißt das: Für eine im Neusser Süden zu schaffende Gesamtschule weicht die Realschule Norf. Für die neue Sekundarschule, die im Schulzentrum Weberstraße Platz finden soll, werden sowohl die Realschule Südstadt als auch die Maximilian-Kolbe-Hauptschule langfristig dicht gemacht.

Die Neusser SPD verbuchte die Wende in der CDU als Erfolg der eigenen Politik. Jahrelang hatte sie immer wieder auf die Gesamtschule gedrungen und musste dafür stets heftige Kritik der Union einstecken. Damit ist nun — vorerst — Schluss, was Schuldezernentin Christiane Zangs dazu brachte, von einem geradezu "historischen Beschluss" zu sprechen, wenn sie auch die Pläne der Politik etwas ausbremste. Denn beantragt hatte schwarz-gelb eine Einrichtung beider Schulen spätestens zum Schuljahr 2014/15, was Zangs "sehr ambitioniert" nannte. "Der Zeitrahmen ist ein Problem", stellte die Dezernentin fest, die nun baldmöglichst das Gespräch mit der Bezirksregierung führen möchte, die für die Bewilligung der beiden neuen Schulen zuständig ist.

Auslöser für den nun beschlossene Umgestaltung der Schullandschaft war das diesjährige Anmeldeverfahren für die weiterführenden Schulen. Denn obwohl die neue Sekundarschule als Anmeldemöglichkeit vorlag, meldeten sich nur 69 Kinder an. Weil zur Neugründung mindestens 80 Kinder notwendig waren, wurde die Schülerzahl schließlich mit abgelehnten Gesamtschülern "aufgefüllt". Denn der Trend zur Gesamtschule ist weiter ungebrochen, 169 Kinder mussten die drei Gesamtschulen ablehnen — das führte zum Stimmungswechsel in der Politik.

Kritik an diesem Umschwung kam gestern vonseiten der Lehrerschaft. Achim Fischer, Sprecher der Neusser Schulen, fragte provokativ, wo in einem zweigliedrigen Schulsystem jene Schüler einen Platz finden, die in den Gymnasien ab Klasse sechs den Anschluss verlieren. Das wiederum brachte Maria Bienefeld, Leiterin der Kolbe-Hauptschule, zur Weißglut: "Weder die Hauptschule noch die Sekundarschule sind Abschiebe-Schulen", rief sie den Ausschussmitgliedern zu, bevor sie wütend den Saal verließ.

(NGZ/url)
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