Neuss CDU kritisiert Rathaus-Pendler

Neuss · Über ein Drittel des Rathaus-Spitzenpersonals wohnt nicht in Neuss. Diesen Trend will CDU-Chef Jörg Geerlings stoppen und drängt auf eine Präsenz vor Ort. Bürgermeister Napp hält die Diskussion "für wenig zielführend".

Residenzpflicht - Reaktionen auf Geerlings Vorstoß
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Jörg Geerlings ärgert sich. Der Neusser CDU-Chef kritisiert, dass "in der Tendenz" immer weniger Spitzenpersonal des Rathauses und der kommunalen Unternehmen in Neuss wohnen. Gute Ortskenntnisse und "ein Gefühl für die Stadt" seien für eine erfolgreiche Arbeit enorm wichtig.

Geerlings fordert keine Residenzpflicht für Beigeordnete, Dezernenten, Amtsleiter und Geschäftsführer städtischer "Töchter", aber er kündigt an, künftig bei den Stellenbesetzungen die Bereitschaft, nach Neuss zu ziehen, nicht nur abzufragen, sondern auch auf die Umsetzung achten zu wollen. Nach Angaben der Stadt wohnen zirka zwei Drittel der Beigeordneten und Amtsleiter in Neuss beziehungsweise im Rhein-Kreis.

Namen nennt CDU-Chef Jörg Geerlings nicht. Christoph Hölters könnte sich angesprochen fühlen. Der Planungsdezernent hatte nach seiner Wahl zum Beigeordneten im April 2011 erklärt, nach Neuss ziehen zu wollen. "Dabei bleibt es auch", erklärt Hölters, der in Krefeld wohnt. Ein Umzug habe auch etwas mit Rahmenbedingungen zu tun — familiären und finanziellen. So suche er eine geeignete Wohnung in der City. In Neuss arbeite und engagiere er sich gern.

Wohnungssuche ist ein Stichwort für Heinz Runde. Der Stadtwerke-Chef, der vor mehr als 25 Jahren von Lingen nach Neuss zog, empfiehlt: "Wer auf Residenzpflicht pocht, der sollte auch Dienstwohnungen anbieten." Der Wohnort sei bei einer Einstellung aber nicht das entscheidende Kriterium: "Letztlich zählt, wer der Beste ist." Auch Beigeordneter Horst Ferfers, der sich als "Ur-Neusser" fühlt, mahnt: "Das ist eine persönliche Entscheidung." Ihm habe Ortskenntnis oft geholfen, aber es sei nicht immer leicht, Probleme als Beigeordneter und Bürger zugleich zu lösen.

Die Diskussion amüsiert Hafen-Geschäftsführer Ulrich Gross. Er führt seit fast zehn Jahren eine Wochenendehe. Werktags wohnt er im Meertal, am Freitag geht's mit dem letzten Flieger um 20.45 Uhr nach Hamburg und Montag um 6.45 Uhr zurück. Ausnahme letztes August-Wochenende: "Da feiere ich mit den Brasselsäck Schützenfest."

Bürgermeister Herbert Napp hält in einer globalen Welt die Wohnort Diskussion "für wenig zielführend". Im Gegenteil. Er empfinde es sogar als angenehm, wenn städtisches Führungspersonal nicht zu eng mit dem sozialen Netz am Arbeitsort verwoben sei. Für SPD-Chef Benno Jakubassa wird ein "Nebenkriegsschauplatz" eröffnet. Es sei wünschenswert, wenn Spitzenpersonal in Neuss wohne, wichtiger sei aber, "dass es gute Leistung bringt und sich engagiert."

(NGZ/rl)
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