Bürgermeisterwahl in Neuss Das Duell des Jahres 2020

Neuss · Die Kommunalwahl wird ihre Schatten voraus. Kernfrage für die Parteien ist, wer nachher den Bürgermeister stellt. Als aussichtsreich gelten die Bewerber von SPD und CDU. Aber: Was treibt sie an? Eine erste Annäherung.

 Reiner Breuers Programm für eine zweite Amtszeit als Bürgermeister ergibt sich zu Teilen aus den Projekten, die er  seit 2015 angestoßen hat.  Sein Wahlkampf  – Sacharbeit.

Reiner Breuers Programm für eine zweite Amtszeit als Bürgermeister ergibt sich zu Teilen aus den Projekten, die er  seit 2015 angestoßen hat.  Sein Wahlkampf  – Sacharbeit.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Reiner Breuer oder Jan-Philipp Büchler? Die Frage, wer nach der Kommunalwahl Mitte September im Rathaus das Sagen hat, wird zur Schlüsselfrage der Kommunalpolitik im neuen Jahr. Dafür sorgen schon die CDU und ihr Vorsitzender Jürgen Brautmeier, die die Rückerorberung des Rathauses nach der Wahlniederlage 2015 zur Prestigefrage erhoben haben. Dem Ziel, diese Scharte auszuwetzen, scheint alles andere unterworfen zu werden.

Wie ist die Ausgangslage? Roland Sperling ist als Bürgermeisterkandidat der Linken benannt, die FDP wird diese Personalie auf einem Stadtparteitag am 7. Januar klären. Dem Vernehmen nach will der Parteivorsitzende Michael Fielenbach nominiert werden. Die Grünen haben bereits angekündigt, einen Spitzenkandidaten benennen zu wollen, schweigen sich aber zu Details aus. Ob auch AfD oder UWG jemanden aufstellen, ist offen. All diese Kandidaten dürften weniger aussichtsreich ins Rennen gehen als Amtsinhaber Reiner Breuer von der SPD oder der schon durch Mitgliederentscheid für die CDU nominierte Jan-Philipp Büchler. Gleichwohl sind diese Kandidaturen spannend und wichtig. Denn von ihrem Abschneiden hängt ab, ob es zur Stichwahl zwischen den beiden aussichtsreichsten Bewerbern kommt – und wen die Unterlegenen ihren Wählern im zweiten Urnengang empfehlen.

Was tut der Herausforderer? Jan-Philipp Büchler hat schon thematisch erste Pflöcke eingeschlagen, als er sich zum Beispiel  mit einem eigenen Vorschlag für den Wendersplatz zu Wort meldete. Die Stoßrichtung ist klar: Büchler muss Profil gewinnen und sich bei vielen erst bekannt machen. Dass die CDU seine Idee nicht im Wortlaut in die eigene Agenda übernommen hat, hat Roland Sperling als Demontage des Bürgermeisterkandidaten durch die eigene Truppe gedeutet. Dem ist nicht so. Büchler ist pragmatischer, als die Linken sich offenbar vorstellen können, und hat seine Idee als einen Beitrag für eine überfällige Diskussion bezeichnet. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Wie reagiert der Amtsinhaber? Über die im Verfahren notwendige offizielle Erklärung hinaus, für eine zweite Amtszeit kandidieren zu wollen, ist Reiner Breuer als Wahlkämpfer noch nicht in Erscheinung getreten. Das ändert sich auch frühestens beim politischen Aschermittwoch, an dem mit seiner Nominierung zu rechnen ist. Er habe „einen Job zu erledigen“, sagt Breuer. Diese Pflichterfüllung darf man als Bürger auch erwarten. Breuer weiß aber auch: Wenn sich Baukräne drehen, wenn es voran geht, wenn sich Politik in Projekten niederschlägt, sind diese Erfolge starke Argumente im Wahlkampf. Das weiß und fürchtet die CDU. Weshalb sonst hat sie im Rat Breuers Ideenskizze für den Wendersplatz oder das Thema Landesgartenschau ohne Debatte vertagt?

Wofür stehen die Bewerber? Reiner Breuers Agenda ist kein Geheimnis, sondern aus seiner bisherigen Arbeit zu entwickeln. Die Unzufriedenheit, von der etwa die Linken sprechen, spüren viele Bürger nicht. Eine neu belebte Wohnungsbaupolitik, die Entlastung vieler Familien von Kindergartenbeiträgen, die Förderung des Brauchtums, die Unterstützung eines Synagogenbaus oder die neue Akzentsetzung beim Thema Klimaschutz hat er als Themen aufgerufen – viel davon bleibt auf der Tagesordnung. Das größere Überraschungsmoment ist von Jan-Philipp Büchler zu erwarten, der – in Analyse und konzeptionellem Denken stark – zu mehr Mut und mehr Gründergeist nicht nur in der Wirtschaftspolitik aufruft. Weniger ideologisch und bisweilen sogar unkonventionell wird er sich – das ist erkennbar – vielen Themen nähern.

Und sonst? Erfolg und Gestaltungsspielraum eines Bürgermeisters  hängen davon ab, ob er eine Mehrheit im Rat hat. Breuer hatte die nie.

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