Kurt und Beate Koenemann regieren in Neuss Königspaar für zwei Jahre

Neuss · Das Schützenfest 2020 wurde verboten. Schützenkönig Kurt Koenemann und seine Frau Beate beschlossen, aus der Situation das Beste zu machen. Für sie bedeutet das auch, Vorbild in der Corona-Pandemie zu sein.

Ein glückliches Königspaar: Kurt Koenemann und seine Frau Beate beim Krönungsball im vergangenen Jahr.

Ein glückliches Königspaar: Kurt Koenemann und seine Frau Beate beim Krönungsball im vergangenen Jahr.

Foto: Andreas Woitschützke

Der neue Schützenkönig eröffnet als erste Amtshandlung das Appeltaatefest. Auch für Kurt Koenemann (63) und seine Frau Beate (61) begann das gemeinsame Jahr an der Spitze des Neusser Bürger-Schützen-Vereins mit einem Besuch bei der Selikumer Corneliusgesellschaft. Doch quasi von einem Tag auf den anderen verschob sich die „königliche Agenda“. Nichts war mehr wie in vielen Jahren zurvor. Statt zum Beispiel Korpsveranstaltungen zu besuchen, plädierte Koenemann öffentlich dafür, die Stoffmasken-Aktion „Näht es bunt für Nase und Mund“ der Neusser Augustinusgruppe zu unterstützen. Und statt in Schulen für das Brauchtum zu werben, warb Koenemann für die Crowdfunding-Aktion zur Unterstützung der von der Corona-Krise besonders hart getroffenen Neusser Gastronomie. Alles anders – wegen Corona.

Die Pandemie macht aus Koenemann einen Schützenkönig ohne Schützenfest. Zumindest in diesem Jahr. Nach dem Mitte April angeordneten Verbot aller Großveranstaltungen, zu denen in Neuss zuvorderst das Schützenfest gehört, machte das Komitee um Schützenpräsident Martin Flecken schnell klar, dass nicht nur die Korpskönige und Sieger länger im Amt bleiben. Auch der Schützenkönig wird einfach ein Jahr länger „regieren“. Koenemann beschloss, „das Beste daraus zu machen“. Für ihn heißt das auch: die Vorbildfunktion in der Stadtgesellschaft wahrnehmen, die mit diesem Amt verbunden ist. Für das Schützenfestwochenende bedeutet das: „Wo mehrere Züge zugleich sind, werde ich mich nicht sehen lassen.“ Das wäre das falsche Signal, sagt Koenemann, der deswegen auch die Schirmherrschaft abgelehnt hat, die ihm Wirt Werner Galka für sein Biwak am Sonntag auf der Rennbahn angetragen hat. So werden Koenemanns den Tag, an dem das Fest hätte stattfinden sollen, in den Reihen ihres Schützenlust-Zuges die „Oberjä(h)rigen“ verbringen – nach dem Besuch des Schützenhochamtes und einem „Präsidenten-Frühstück“.

Neusser Schützenfest 2019: Königsvogelschießen mit dem Schützenkönig
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Neusser Schützenfest: Das Königsvogelschießen 2019

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Foto: Andreas Woitschützke

Sich öffentliche Zurückhaltung aufzuerlegen ist das eine, die Bemühungen des Komitees zu unterstützen ein anderer Beitrag, das Königsamt unter Corona-Bedingungen auszufüllen. Natürlich habe er gerne die 500 „Quirinus-Poster“ signiert, die der Bürgerschützenverein in diesem besonderen Jahr herausgegeben hat. Und natürlich gaben auch Koenemanns Bilder für das Riesentransparent frei, das zum eigentlichen Termin des Königs-Ehrenabends als Riesencollage der Vielfalt in der Stadt aufgehängt wurde. Doch mit der vom Komitee initiierten Dankeschön-Aktion der Züge an diesem Festwochenende hadern die obersten Repräsentanten des Vereins. „Lange Zeit durften nicht einmal die Eltern in die Kindertagesstätten“, sagt Beate Koenemann zum Beispiel, sie leitet die Kita „Maria Goretti“ an der Kapitelstraße. „Da kann ich doch jetzt nicht ganze Schützenzüge reinlassen.“

Ein halbes Jahr ihrer „Regierungszeit“ blieb dem Paar immerhin, nachdem der Ehrenadjutant der Neusser Schützenlust und pensionierte Polizeibeamte Kurt Koenemann am 27. August den Vogel abschießen konnte. Sechs Minuten hatte dieses Ringen der vier an der Vogelstange erschienenen Bewerber nur gedauert, das Koenemann mit dem insgesamt neunten Schuss für sich entschied – und so im ersten Anlauf seine 40-jährige Schützenlaufbahn krönte. 22 Jahre davon – bis 2016 – saß er als Adjutant der Schützenlust im Sattel und kannte das Neusser Heimatfest in vielen seiner Facetten. Doch wirklich neu war für die Eheleute Koenemann der Blick in das Eigenleben vieler Schützenzüge. „Wie unterschiedlich die Züge ihre Krönung feiern, hat uns überrascht“, sagt Beate Koenemann.

Fotos vom Wackelzug beim Neusser Schützenfest 2019
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Neusser Schützenfest 2019: So schön war der Wackelzug

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Foto: Andreas Woitschützke

Ein halbes Regentschaftsjahr blieb den Koenemanns, und der Schützenkönig ist dankbar für alles, was ihm in dieser kurzen Zeitspanne gelang. Dazu zählt er zum Beispiel seinen Ausflug mit Finn Beyerle, dem amtierenden Edelknabenkönig. Die schon für Ende März durchgeplante Exkursion mit seinem Pagenkorps zum Kölner Dom musste Kurt Koemenann zwar verschieben, doch der Besuch eines Heimspieles von Borussia Mönchengladbach mit seinem „Kollegen“ Beyerle klappte noch. Fünf Spielerautogramme konnte Finn dabei ergattern, berichtet der König stolz.

Die Edelknaben, davon ist Koenemann überzeugt, trifft das durch die Corona-Pandemie notwendig gewordene Festverbot besonders hart. Für viele – auch für Finn Beyerle – wäre 2020 das letzte aktive Jahr in Samthose gewesen. Da haben es Kurt Koenemann und sein Freund und Nachbar Volker Schmidtke, am gleichen Tag gekrönter Hoher Reitersieger der Stadt, besser. Sie dürfen auf ein Fest im nächsten Jahr hoffen. Die Ausrüstung zumindest haben beide soweit zusammen, dass sie von jetzt auf gleich auf den Markt treten und eine Parade abnehmen könnten.

In dieser offiziellen Garderobe haben beide auch in der Krise vor der Kamrea für ein Grußwort gestanden, das als Video im Internet verbreitet wurde. Nur der Königsorden ist noch nicht produziert. An Weiberfastnacht in Auftrag gegeben, hat sich die Herstellung – zum Glück – verzögert. Doch geändert wird diese Auszeichnung für verdiente Schützen nicht – bis auf die Jahreszahl natürlich.

Mit der Verlängerung der Amtszeit taucht nur noch ein klitzekleines Problem auf: die Urlaubsplanung. 2020 hätte alles so perfekt gepasst, dass das Paar mit „Zog-Zog“ zurück gewesen wäre. Ob Beate Koenemann das mit ihrem Team so noch einmal verabreden kann, weiß sie nicht. Ziel in diesem Jahr wäre übrigens Tokio gewesen. Aber es wurde dann doch „nur“ der Schwarzwald.

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