Aufbau in Neuss Keine Kirmes ohne Mucki-Männer

Neuss · Was sich für Kirmesbesucher wie ein luftig, lockerer Fahrspaß anfühlt, ist im Vorfeld ein echter Knochenjob. Wir haben den schleppenden, schraubenden und schwitzenden Aufbau-Helfern in Neuss einen Besuch abgestattet.

Neusser Kirmes 2018: Bilder vom Aufbau
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Hier wird die Neusser Kirmes aufgebaut

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Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Sascha Hanstein sitzt mit nach hinten gegelten Haaren und dunkler Sonnenbrille im Führerhäuschen seines Krans. Volle Konzentration ist angesagt, schließlich setzt er mithilfe des motorisierten, gelben Ungetüms gerade die aufwendige Lichtanlage ein. Der 44-Jährige ist Eigentümer des Fahrgeschäftes „Commander“ und einer von etwa 290 Ausstellern auf der Neusser Kirmes. „Um 18 Uhr soll die Anlage betriebsbereit sein“, sagt er am Donnerstagvormittag. Die Anstrengung ist ihm anzumerken. Das Hemd ist nass, die Stirn voller Schweißtropfen.

Doch Sascha Hanstein schuftet nicht allein. Er hat acht Festangestellte – alle kommen aus Polen, der Großteil spricht Deutsch –, die ihn während der Kirmes-Saison dauerhaft begleiten. Im Januar, Februar und März ist Pause. „Sie sind teilweise schon seit 20 Jahren bei uns beschäftigt“, sagt der 44-Jährige. Wer die Männer einige Minuten bei der Arbeit in der prallen Sonne beobachtet, der weiß, dass ihre Muskeln nicht aus dem Fitnessstudio stammen. Auf eine Mitgliedschaft in der „Muckibude“ können sie in Anbetracht ihres kräftezehrenden Jobs getrost verzichten. Allein an diesem Tag schrauben, schleppen und schwitzen sie rund zehn Stunden.

Nur wenige Meter entfernt, herrscht Hektik am Laufgeschäft „Pirates Adventure“. Die Kulisse ist schon jetzt eindrucksvoll: Ein riesiger weißer Hai wacht über den Frontbereich. „Es gibt noch viel zu tun“, sagt Michael Schneider – dass der Chef mit anpackt, gehört auf der Kirmes einfach dazu. Jeder Muskel wird gebraucht.

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Foto: Endermann, Andreas (end)

Schneider ist im Stress, er versetzt gerade das Kassenhäuschen an seinen richtigen Platz. Nebenbei macht er erste Reinigungsarbeiten oder koordiniert seine Truppe: „Die zwei Fässer müssen dort ins Zimmer“, ruft der 52-Jährige zu zwei Kollegen, die gerade Piraten-Utensilien von A nach B transportieren. Nebenbei wird noch mit dem Chef vom benachbarten chinesischen Imbissstand diskutiert, der gerade sein Häuschen versetzt. Wer Kirmes machen will, muss Multiple-Tasking-Fähigkeiten besitzen! Was Schneider trotz allen Stresses wichtig ist: „Man muss immer Mensch bleiben.“ Zwar schlägt hier und da mal eine Nuance Befehlston durch, alles in allem bleibt die Stimmung aber freundschaftlich. Insgesamt sieben Männer kümmern sich um den Aufbau des „Pirates Adventure“, das eine Frontlänge von 27 Meter vorweisen kann. Zu den sieben zählt neben Michael Schneider auch sein Sohn Louis (19). Unterstützt werden sie zudem von Freunden. Eine Hand wäscht die andere.

Doch nicht überall helfen Freunde und Familie aus, wie Platzmeister René Dienstbier deutlich macht. So gebe es auch Agenturen, bei denen Schausteller ihr Personal „rekrutieren“ könnten. Die Arbeiter stammen aus sämtlichen Nationen: egal ob Bulgarien, Polen oder Rumänien. Wesentlich entspannter ist die Stimmung am „Flipper“, wo Florian gerade Waggons mit dem Wasserschlauch säubert und die Geländer auf Hochglanz bringt. Im hinteren Teil des Kirmesplatzes geht es noch gemächlicher zu. Denn die Geisterbahn „Schloss Dracula“ von der Familie Schütze war in diesem Jahr das erste Fahrgeschäft auf dem TÜV-Gelände. Sie konnten sich den „wuseligen“ Mittwoch, an dem acht Großfahrgeschäfte anreisten, aus der Distanz anschauen.

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