Neuss Der Ablaufoffizier steuert die Marschierer
Neuss · Aufmarsch und Königsparade am Sonntag auf dem Markt sind minuziös durchgeplant. Und einer passt immer auf.
Da gibt es kein "von bis" – wenn Grenadiermajor Markus Ahrweiler zum Beispiel um 11.17 Uhr das Kommando zum Fahnenaufmarsch gibt, soll drei Minuten später Grenadieradjutant Markus Degen dem Oberst Dr. Heiner Sandmann Meldung machen. Und wenn wieder drei Minuten später Präsident Thomas Nickel seine Ansprache hält, muss jemand dafür sorgen, dass er auch rechtzeitig sein Mikro bekommt. Klingt wie das Protokoll an Königshäusern und bei Staatsempfängen – und ist im Grunde nichts anderes.
Für eine reibungslose Parade sorgt Stephan Driesen, einer von drei Ablaufoffizieren des Neusser Bürger-Schützen-Vereins. Die heiße Phase beginnt, wenn das Regiment um 12.15 Uhr dafür antritt. Dann achten die Ablaufoffiziere darauf, dass die fünf Meter Abstand zwischen den Schützenzügen eingehalten werden, und dass die Musikkapellen rechtzeitig aufmarschieren und ihren Platz finden.
"Ein Zeitplan gibt uns genau vor, wann wo welches Korps sein muss. Schließlich soll die ganze Parade in die Fernsehübertragung des WDR passen", erklärt Driesen. Immerhin für das Ende der Parade besteht eine kleine Karenzzeit: nicht vor 13.55 Uhr und nicht nach 13.59 Uhr. Driesen selbst nimmt während der Parade seinen Platz auf Höhe der Gaststätte "Markt 27" ein, um von dort die Tambourkorps und Musikkapellen zum Aufmarsch auf den Markt loszuschicken.
Im Ablaufprotokoll von Schützenmeister Martin Flecken steht auch der Hinweis, "sich von der Musik nicht einschüchtern zu lassen". Für den 32-Jährigen kein Problem, schließlich ist er einer von ihnen. Früher im Bundesfanfarenkorps Neuss-Furth aktiv, spielt er heute die kleine Trommel im Musikverein Niederaußem. Rund 15 Wochenenden im Jahr ist er selbst auf den Schützenfesten der Region unterwegs. "Wenn man sich kennt, weiß man auch miteinander umzugehen", sagt er. Die Parade am Sonntag ist natürlich das Nonplusultra, aber die Aufgaben eines Ablaufoffiziers beginnen schon Wochen vorher. "An den Ehrenabenden stehe ich an der Stadthalle und schicke den Zug los", sagt Driesen. Die beiden anderen Ablaufoffiziere, Robert Waldmann und Bernd Miszczak, sorgen am Markt für Ordnung.
Beim Fackelzug am Schützenfestsamstag trifft man bei der Metzgerei Büssing auf Stephan Driesen, wo die Musikblöcke für den Vorbeimarsch am Oberst ein- und ausschwenken. Hinzu kommen viele weitere kleinere und größere Aufgaben über die Schützenfesttage: Für das Totengedenken tragen die Ablaufoffiziere Sorge, dass die Gaststätten am Markt die Musik ausmachen. Beim Königsmahl im Zeughaus reichen sie das Gästebuch herum, sie tragen Ordenslisten mit sich, sorgen für die Bestuhlung zum Platzkonzert und für vieles mehr.
Der Montag sei dann der ruhigste Tag für ihn, sagt Stephan Driesen. Dann kann er mehr Zeit bei seinem Hubertuszug "Doppeladler" verbringen. Seine Zugkameraden haben Verständnis dafür, dass er aufgrund seines Amts nie an einem Umzug teilnehmen kann und auch sonst über die Tage oft fehlt. "Was ich mir aber nicht nehmen lasse, ist unser gemeinsamer Kirmesrundgang am Freitag mit den Familien", sagt der Vater eines fünfjährigen Sohns und einer neunjährigen Tochter.
Seit vier Jahren ist Driesen Ablaufoffizier, wurde dafür zum Hauptmann befördert. Vorher war er als Schütze jedoch nur in Reuschenberg aktiv. 27 Jahre gehörte er der Jägerfahnenkompanie des Bürger-Schützen-Vereins Reuschenberg an. Sein Vater Edi Driesen war Hauptmann und er lief dort von klein auf mit, erst an der Hand und sobald es ging, als Fahnenschwenker. "Wegen meiner Erfahrung als Musiker warb mich die Hubertus-Schützengesellschaft als Musikbeauftragten an, und dann suchte Oberst Dr. Heiner Sandmann einen neuen Ablaufoffizier, der Ahnung von Musik hat", erzählt er.
