Besuch zum Schützenfest Ehrengäste werben für Neuss
Neuss · Politische Prominenz, kirchliche Würdenträger und Vertreter der Wirtschaft verleihen dem Fest Glanz und erhöhen das Medieninteresse.

Wenn Ehrengäste für Neuss werben
Kein Ehrengast musste ausgeladen werden. „Ich war in diesem Jahr spät dran“, gibt Martin Flecken zu. Als Mitte März die Corona-Pandemie den Lockdown diktierte, in dessen Folge auch das Neusser Schützenfest abgesagt werden musste, hatte Präsident Flecken die Einladungen an die designierten Ehrengäste der Königsparade noch nicht ausgesprochen. Wer auf seiner Gästeliste stand, will er nicht verraten: „Ich werde keine Namen verbrennen, sondern sie diskret behandeln, damit wir diese Persönlichkeiten in den kommenden Jahren noch einladen können.“
Es wird kein Politiker unter den nicht geladenen Ehrengästen des Corona-Jahrgangs sein, denn die Schützen verzichten in Wahljahren auf Politprominenz. Das gilt sowohl für die Kommunalwahl am 13. September, als auch im nächsten Jahr, wenn im Herbst ein neuer Bundestag gewählt werden soll.
Dabei sind es vor allem Politiker, die dem Neusser Schützenfest gesellschaftlichen Glanz und überregionales Medieninteresse verschaffen. Der protokollarisch ranghöchste Repräsentant, der bisher an der Parade auf dem Markt teilnahm, war 2014 der damalige Präsident des Deutschen Bundestages, Norbert Lammert. Er kam als Zweiter Mann im Staate. Ob aber jemals ein Staatsoberhaupt die Neusser Schützen besuchen wird, steht in den Sternen, denn seit Gründung der Bundesrepublik 1949 machte überhaupt erst drei Mal ein (ehemaliger) Bundespräsident in Neuss Station: Karl Carstens kam zum Stadtjubiläum 1984 sowie die Bundespräsidenten Joachim Gauck (2019) und Christian Wulff (2020) nach ihrer Amtszeit.
Zu den bekanntesten Gästen zählten auch zwei NRW- Ministerpräsidenten. Armin Laschet feierte 2018 mit sichtlicher Freude im Kreis der Schützen, die 65 Jahre auf einen Landesvater in ihren Reihen hatten warten müssen. Damals war es Ministerpräsident Karl Arnold gewesen. Womöglich folgte er bei einem späteren Besuch dem Ruf von Adolf Flecken, der Großvater des heutigen Schützenpräsidenten, der als Innen- und später als Finanzminister im Kabinett Arnold saß.
In den Anfangsjahren des Schützenfestes nach der durch den Zweiten Weltkrieg erzwungenen Pause luden die Schützen sich zwar Ehrengäste ein, aber nicht in der Regelmäßigkeit, wie sie heute zum Programm gehören. Das ist erst seit 1990 so. Generalvikar Norbert Feldhoff, Staatssekretär Willy Wimmer und Kreishandwerksmeister Roland Geller bildeten das erste Trio. Dabei wird Systematik deutlich: ein kirchlicher Würdenträger, ein Politiker und ein Vertreter der Wirtschaft. Seither sind die sogenannten Einmaligen Ehrengäste mit von der Schützenpartie. Meist drei, manches Mal auch nur zwei, aber auch gar vier. Das war 2012 der Fall. Mit Generalvikar Stefan Heße, 3M-Chef Günter Greßler und Landtags-Vizepräsident Eckhard Uhlenberg war wieder ein Trio gesetzt, ehe sich kurzfristig noch Rüdiger Grube hinzugesellte. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG erwies Schützenkönig Rainer Halm die Reverenz – und damit seinem Mitarbeiter bei der Bahn AG.
Präsident Martin Flecken sieht die Prominenten gern als Ehrengäste. „Die meisten sind vom Schützenfest begeistert“, sagt Flecken, „so dass sie anschließend zu Botschaftern unserer Stadt und der Schützen werden.“ Er gönne möglichst vielen „dieses schöne Erlebnis“ in der rheinischen Schützenhauptstadt. Zudem seien prominente Gäste auch immer Marketinglokomotiven für Stadt und Fest: „Wenn Politik-Prominenz aus Berlin oder Düsseldorf angesagt ist, dann erhöht sich das Interesse der überregionalen Medien sofort.“
In jüngster Vergangenheit nahm die Bekanntheit der Ehrengäste sogar noch zu. Kam früher vielfach ein Generalkonsul aus dem diplomatischen Korps zum Schützenfest, so gaben sich zuletzt Botschafter der Weltmächte die Klinke in die Hand: die Amerikaner Philip D. Murphy (2011) und John B. Emerson (2016), der Brite Simon McDonald (2014), der Franzose Philippe Etienne (2015) und der Chinese Shi Mingde (2017). Das Interesse an Neuss hat für die Diplomaten einen Namen: Christoph Heusgen. Der Neusser Schütze, heute deutscher Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York, war viele Jahre lang der außen- und sicherheitspolitische Sprecher von Angela Merkel. „Christoph Heusgen hat uns sehr geholfen“, sagt Flecken, „aber andere wie Hermann Gröhe auch.“