Beifall der Zuschauer ist schönster Lohn für die Schützen Beim Fackelzug auf "Wolke sieben"

Von Rolf Hoppe

Von Rolf Hoppe

Traditionell bildet der Fackelzug, der sich am Samstagabend über die Straßen der Stadt schlängelt, einen ersten Höhepunkt des Neusser Schützenfestes. Zehntausende kommen von nah und fern, um die liebevoll gestalteten Motivwagen anzuschauen und zu sehen, was sich die Schützenzüge wieder haben einfallen lassen. In jedem Jahr ist es eine bunte Mischung zugbezogener, lokaler oder auch überregionaler Themen. Hat ein Zug Jubiläum, ist das natürlich für ihn ein beherrschendes Motiv; fällt mal einer vom Pferd, ist das ein Riesenthema. "Kunst in der Stadt - nicht nur von Patt" - das auch Schützen Kunst machen können, zeigt stellvertretend für die vielen kreativen Motive des Fackelzuges der Schützenlustzug "Hubertus-Hirsch".

Ebenso die Königssuche. Stadt und Kreis sind immer für eine Fackel-Glossierung gut, aber auch die große Politik. Vor zwei Jahren waren 81 Großfackeln gemeldet, 2001 noch 80, in diesem Jahr sind es wieder weniger geworden, nämlich 73. Jägermajor Gerd Scheulen: "Es gibt Züge, die in jedem Jahr eine Großfackel bauen, aber auch welche, die nur sporadisch Hand anlegen. Das lässt sich nicht steuern." Im vergangenen Jahr hatte das Korps selbst noch 28 Fackeln gebaut, 2002 sind es 23. Dazu kann Scheulen einige Gründe benennen: Umstrukturierung von Zügen, beruflicher Stress oder das stetig wachsende Freizeitangebot.

Herbert Geyr, Major der Schützenlust, weiß noch einen anderen Grund zu nennen: "Normalerweise wird einige Wochen vor dem Fest gebaut. Weil wir ein relativ geringes Durchschnittsalter haben, sind unsere Schützen wegen der Schulferien mit ihren Kindern unterwegs und fehlen dann natürlich." Wiederum sind Grenadiere (29) und Jäger (23) die engagiertesten Fackelbauer. Was sicherlich damit zusammenhängt, das diese auch starke Korps bilden. Die Schützenlust baut zwölf Großfackeln, die Hubertusschützen sind mit sechs Motiven dabei, die Schützengilde bietet vier auf und die Scheibenschützen eine Großfackel.

Das Marschtempo ist ein Thema für den "Dreikönigenchor 1932", die "Echte Fründe 1992" sehen schon Olympia in Neuss, für die "Deutsche Eiche" ist ebenso wie für "Heimattreue 1955" und "Seeadler 1980" und "Bleibe Treu 1957" der (T)Euro noch ein Thema, "Eichenlaub 1926" begibt sich auf Königssuche, die "84er Spätlese" bietet einen Objektschutz für König Franz-Josef Badort an, "Hubertus-Hirsch" zeigt, dass auch Schützen Kunst machen können, "Halali" redet von der Olympiade der Herzen, die "Erftkadetten" betonen Klonen - nein danke und die Scheibenschützen sagen dem Hafenamt Ade.

Doch nicht nur jede einzelne Großfackel ist wieder sehenswert, sondern auch die Handfackeln der einzelnen Schützen, die nicht selten einen weiteren Bezug zum Großfackel-Thema haben. Bevor eine Großfackel gebaut wird, reichen die Züge in der Regel bei der Korpsspitze ihre Vorschläge ein. Damit sollen Doppelläufer vermieden werden, aber im Vorfeld auch schon Ausrutscher. Der Zug, der sich bereits im Frühjahr Gedanken macht und im Frühsommer baut, konnte sich in der Woche vor dem Schützenfest beruhigt zurücklehnen und Richtfest feiern.

Die anderen, die bewusst ein aktuelles Thema abgewartet haben, trafen sich in den vergangenen Wochen fast täglich und waren bis zur Fackelabnahme durch die Korpsspitze noch tätig. Es soll auch schon vorgekommen, das ein Schütze noch nach dem Start des Fackelzuges mit dem Farbtöpfchen unterwegs war. "Das ist Schützenkunst", präsentiert der Schützenlustzug "Hubertus-Hirsch" als ein Beispiel für den Fackelbau und spielt darauf an, dass in Neuss nicht nur Landrat Dieter Patt Kunst machen könne. "Was der kann, können wir auch", haben die Mitglieder des Zuges im Vorfeld der Themensuche festgestellt und sich im Mai an die Arbeit gemacht, eine Sammlung kunstvoller Figuren zusammenzustellen.

Vorangegangen waren die unvermeidlichen Fragen: Wie wird das Thema umgesetzt? Wer übernimmt die Technik? Wer sorgt für die Beleuchtung? Wer klebt? Wer malt? Fragen, wie sie in jedem fackelbauenden Zug spätestens zu diesem Zeitpunkt akut werden. Doch es finden sich immer geschickte Fachleute. So wie Stefan Müller, Feldwebel bei den Hubertus-Hirschen. Als gelernter Maschinenbaumeister ist er neben Helmut Düren einer der Techniker; Peter Bachhoven, Karl-Heinz Koll, Norbert Fassbender, Peter Weber und Günter Ebenhöch gehören zur Klebekolonne, Günther Buffen lässt sich alljährlich überreden, die Malerarbeiten zu erledigen und Karl Pangerl ist für das fachmännische Anbringen der Buchstaben zuständig.

Bei aller Begeisterung müssen sich die Fackelbauer in der Höhe der Großfackeln bremsen, mehr als 4,20 Meter dürften es nicht sein, sollten nicht Oberleitungen oder quer gespannte Wimpel gestreift werden. Zur Vorsicht wird eine Teleskopstange mitgeführt, um Störendes beiseite zu schieben. Bei der Stromversorgung sind die Hubertus-Hirsche schon lange von der Verwendung von Autobatterien abgekommen, jetzt spendiert ein Stromaggregat dauerhafte Spannung. Wenn es nicht gerade mit Superbenzin befüllt wird und das System fast explodiert.

Doch das alles ist längst vergessen, wenn es am Samstagabend Ernst wird; wenn Oberleutnant Raimund Ross das Kommando zum Abmarsch gibt, die Großfackeln aus der Halle geschoben werden, die Birnen zu leuchten beginnen und die Zuschauer als Belohnung für die kreative Arbeit heftig klatschen. "Dann sind wir wieder auf Wolke sieben", so die Zugmitglieder vom Hubertus-Hirsch.

(NGZ)
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