Neuss Bülent Ceylan begeisterte Neusser

Neuss · Bayrisch, Hessisch, Schwäbisch – Dialekt ist voll im Trend. Jedenfalls auf der Bühne. Am beliebtesten ist derzeit wohl die faszinierend skurrile Kombination irgendeines herrlichen deutschen Dialektes mit dem so genannten "Migrationshintergrund". Das bewies jetzt in der Stadthalle der 35-jährige Kabarettist Bülent Ceylan. Bekannt gemacht hat den Mannheimer mit türkischem Vater – wie könnte es anders sein – das Fernsehen, so dass auch in der schlecht belüfteten Neusser Stadthalle kein einziger Platz frei geblieben war. Und das Publikum sprühte nur so vor Lachlust und Applaudierlaune, dass es von der ersten Minute an ein Genuss sowohl für den Künstler als auch für diejenigen Zuschauer war, die von den Pointen des langmähnigen Ceylan nicht vom Hocker gerissen werden konnten. Ceylan plauderte im tiefsten Mannheimer Dialekt von seinem deutschen Opa, der sich mit dem türkischen Papa anlegte; er plädierte für die Gründung eines "ossimanischen" Reiches und berichtete von seinen Erfahrungen bei der Recherche und den verblüffenden Ergebnissen einer Google-Suche nach dem Stichwort "Banane".

Aus einem prall gefüllten Einkaufswagen, mit dessen Hilfe der quirlige Ceylan einige unpraktische Seiten des Einkaufens demonstrierte (zum Beispiel verschmierte Griffe, Stau zwischen den Regalen und widerspenstige Flaschenautomaten), holte der sportliche Komiker die Utensilien, mit denen er zum sich zum alten türkischen Gemüsehändler, zur quiekenden Anneliese oder zum Hausmeister mit Anti-Rassismus-Pillen wandelte. Ceylan, der als jüngster von vier Geschwistern aufwuchs, schreckt in seinem Programm "Ganz schön turbülent!" nicht vor offenherzigen Scherzen über Hitler, Türken-Klischees und typisch deutsche Eigenschaften zurück – genauso wenig wie vor überflüssigen Griffen unter die Gürtellinie. Vor allem später am Abend fand Ceylan leider zu oft Gefallen an simplen, ordinären Bemerkungen, wobei ihn viele Zuschauer darin mit albernem Dauergekicher bestärkten. Da drängt sich doch von irgendwo der Gedanke auf, dass sich der selbstbewusste Kabarettist ein wenig auf seinen Fernseh-Lorbeeren ausruht.

Seltene und kleine, aber feine Schenkelklopferchen zeigten, dass es Bülent Ceylan auch ohne kreisende Hüften gelungen wäre, sein ihm ergebenes Publikum aus den Sesseln zu heben. Allein die freundschaftliche Nähe, die er zu seinen großen und kleinen Anhängern spielerisch leicht aufbaut, ist in seiner Branche keine Selbstverständlichkeit. Beim nächsten Mal ein bisschen mehr Inhalt und ein bisschen weniger banale Zweideutigkeit, das wäre wünschenswert.

(asnü)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort