Buch „Die Straßen von Neuss“ jetzt erhältlich 2,8 Kilogramm Neusser Geschichte

Neuss · Nach zwölf Jahren Forschung ist das Buch „Die Straßen von Neuss“ jetzt erschienen. Es bietet tiefe Einblicke in die Historie der Stadt.

 Bei der Buchvorstellung (v.l.): Christiane Zangs, Sandra Gesell, Werner Joel, Rudolf Goebels, Claudia Chehab, Stefanie Fraedrich-Nowag, Reiner Breuer und Jens Metzdorf.

Bei der Buchvorstellung (v.l.): Christiane Zangs, Sandra Gesell, Werner Joel, Rudolf Goebels, Claudia Chehab, Stefanie Fraedrich-Nowag, Reiner Breuer und Jens Metzdorf.

Foto: Andreas Woitschützke

Bürgermeister Reiner Breuer hatte einen schönen Abend. Mit einem Gläschen Rotwein und einem guten Buch. Doch die Lektüre war nicht etwa ein Krimi oder ein Sciene-Fiction-Thriller. Vielmehr warf Breuer einen ersten Blick in das Buch, in dem so viel Quirinusstadt steckt wie in keinem zweiten. „Die Straßen von Neuss“ heißt das Werk, was von den Machern jetzt offiziell vorgestellt wurde.

Die groben Daten lassen Umfang und Aufwand des Projektes bereits erahnen: Zwölf Jahre Forschung und Recherche, 880 Seiten – rund 2,8 Kilogramm Gewicht. In 1331 Artikeln präsentiert das Stadtarchiv dort erstmals alle Straßen der Stadt, ihre heutigen und früheren Namen sowie ihre Bedeutungen und Benennungs-Geschichten. Dabei behandelt das Buch alle Straßen im Kontext der Geschichte der 26 Neusser Stadtteile. Die Bezirke wurden ebenfalls mit all ihren Besonderheiten in ausführlichen Beiträgen – ergänzt um aktuelle Karten – vorgestellt. Illustriert wird das Nachschlagewerk durch mehr als 700 Abbildungen, vornehmlich aus dem Bestand des Stadtarchivs. Ein Personen- und Straßenregister schaffen übergreifende Zugänge zu allen Einträgen des Lexikons.

Federführend bei der Erstellung des Buches war Stadtarchivar Jens Metzdorf. Für ihn geht ein Mammutprojekt zu Ende. Und er klingt fast ein bisschen wie ein Fußball-Trainer nach einem gewonnenen Finale, wenn er sagt: „Ein Tag der großen Freude für das ganze Team.“ Was der Stadtarchivar deutlich macht: Straßen sind viel mehr als nur benannte Wege. Vielmehr seien sie ein über Jahrhunderte gewachsenes, dezentrales Denkmal und allgegenwärtiger Ausdruck der lokalen Erinnerungskultur. In dem „Neuss-Buch“, wie Metzdorf es nennt, gebe es eine Informations-Dichte, die digitale Nachschlagewerke nicht leisten könnten. Zudem habe es eine identitätsstiftende Wirkung, da es das Bild der Stadt nach außen trägt.

Kulturdezernentin Christiane Zangs spielte in der Lobeshymne eine ganz besondere Note an, als sie gar von einem „epochalen Werk“ sprach, das für ähnliche Projekte in anderen Städten als „das Vorbild schlechthin“ dienen werde. Doch Zangs machte bei der Gelegenheit auch auf einen Missstand aufmerksam. So gebe es in Neuss zwar 1131 verschiedene Straßennamen (Stand 2018), davon seien  jedoch lediglich 29 Frauen gewidmet. „Da gibt es großen Nachholbedarf“, so die Kulturdezernentin.

Als Autoren haben sich neben Metzdorf auch Claudia Chehab, Stefanie Fraedrich-Nowag, Sandra Gesell, Rudolf Goebels, Werner Joel und Klaus Müller verewigt. Auch auf Grafiker Jan van Most kam eine ganz besondere Aufgabe zu. Ihm gelang es, die rund 700 Abbildungen, die von ihrer Qualität unterschiedlicher nicht sein könnten, auf etwa einen Standard zu bekommen. Als Fotografen waren Harald Frosch und Rolf Lüpertz im Einsatz.

Während der Recherche wurde auf eine enge Zusammenarbeit mit den Experten in den jeweiligen Stadtteilen gesetzt, die sich bereits mit der Geschichte der Stadt auseinandergesetzt haben. Einer davon ist der emeritierte Professor Werner Joel, der fast schon einen emotionalen Rückblick bei der Vorstellung des Buches wagte. Die Arbeit sei teilweise so aufwendig und intensiv gewesen, „manchmal ging sie fast an die Substanz“, so Joel. Was nun überwiege, sei der Stolz, die Aufgabe gemeistert zu haben.

Wer sich die Zeit nimmt und in die 880 Seiten eintaucht, der entdeckt Erstaunliches – wie ein Ölgemälde eines alten Ochsenfuhrwerks an der Hammer Landstraße, Überraschendes wie einen Stadtplan mit den ehemaligen kirchlichen Einrichtungen um 1829 – und Erschreckendes wie Bilder von der Kriegszerstörung an der Ostseite der Niederstraße 1945.

Reiner Breuer fasst zusammen: Dieses Buch wird schnell vergriffen sein – es gehört in jeden guten Neusser Haushalt.“ Auch eine Online-Version ist im Gespräch, wie Jens Metzdorf bei der Vorstellung verriet.

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