Neusser Woche Wirtschaftsförderung Brata-Werk in Nettetal ist Weckruf für Neuss

Neuss · Neuss rühmte sich seiner Vorratspolitik. Gewerbeflächen gab's reichlich. Das Erbe ist aufgebraucht. Brata weicht aus, weil Neuss nichts im Angebot hatte.

Was waren die Neusser verwöhnt. Jahrelang galt hierzulande die Gleichung: Wirtschaftsnachrichten sind Erfolgsnachrichten. Entweder expandierten ortsansässige Betriebe oder auswärtige Firmen siedelten sich an. Die Nähe zur boomenden Landeshauptstadt machte es in Verbindung mit günstigeren Grundstückspreisen als in Düsseldorf möglich. Und die Neusser hatten vor allem eins: ausreichend Industrie- und Gewerbeflächen. Die Vorgänger der heutigen Kommunalpolitiker-Generation hatten mit einer klugen Vorratspolitik gesät, was ihre Nachfolger ernteten. Das Ergebnis sind eine relativ niedrige Arbeitslosenquote, eine Rekordzahl an versicherungspflichtig Beschäftigten sowie überdurchschnittliche Gewerbesteuereinnahmen. Unter dem Strich ergab sich gute Sozialpolitik. In der Wirtschaft kann das Geld verdient werden, mit dem sich die soziale Großstadt finanzieren lässt.

Dieses Neusser Modell gerät nun schon seit geraumer Zeit ins Stottern und nicht erst, um es klar zu sagen, seitdem mit Reiner Breuer erstmals ein Sozialdemokrat auf dem Bürgermeister-Sessel sitzt. Noch scheint Gegensteuern möglich.

Auch wenn es dem Bürgermeister offenbar zu gelingen scheint, Maoam/Haribo mit einem Grundstück in Holzheim an den Standort Neuss zu binden, so sind die Weckrufe unüberhörbar. Vor knapp einem Jahr erlag UPS dem Ruf eines extrem günstigen Gewerbesteuer-Hebesatzes und zog mit seiner Chefetage nach Monheim. Jetzt wird bekannt, dass mit Brata ein alteingesessenes Familienunternehmen schon bald ein neues Werk in Nettetal baut. Zwar werde der Status quo am Stammsitz nicht verändert, sagt die Geschäftsleitung, aber Investitionen werden künftig anderswo getätigt. Grund: Der Stadt Neuss fehlen ausreichend bezahlbare Fläche. Brata suchte 120.000 Quadratmeter. Bürgermeister, Politik, über Parteigrenzen hinweg, und Verwaltung sind gefordert. Wie wär's mit einer "Fraktion Neuss"? Die Zeit drängt.

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(NGZ)
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