Neuss Boulevard-Kracher im RLT

Neuss · In seiner Inszenierung von Michael Cooneys Komödie "Cash – und ewig rauschen die Gelder" verlässt sich Jürgen Lingmann ganz auf den Dialog-Witz der Vorlage. Und er kann auf das Können der Schauspieler zählen.

 Wer ist jetzt wer? Bei den vielen von Eric erfundenen Figuren kann man schon mal durcheinander kommen.

Wer ist jetzt wer? Bei den vielen von Eric erfundenen Figuren kann man schon mal durcheinander kommen.

Mit der Zeit ist Eric Swan zum Experten geworden. Da ist kaum noch eine Lücke im Sozialstaat, die er nicht ausgespäht hat, kaum eine Chance, die er nicht wahrgenommen hat, um das Haushaltsbudget aufzubessern. Wohngeld, Altersrente, Familienbeihilfe, Zuschüsse für Zahnersatz, Witwenrente, Kindergeld, sogar Schlechtwetterausfälle und Schulmilch werden ihm finanziert. Und damit lebt der vor zwei Jahren arbeitslos gewordene Mann wie die Made im Speck.

So etwa würde die nüchterne Beschreibung eines Mannes lauten, der vom Geld der Steuerzahler nicht nur gut lebt, sondern dafür auch lügt und betrügt, dass sich die Balken biegen. Denn um an all diese Leistungen heranzukommen, erfindet Eric Menschen, die es gar nicht gibt. Aber wir befinden uns auf dem Boulevard, und für diesen hat der englische Autor Michael Cooney ein Stück gezimmert, das vor Komik nur so kracht. "Cash – und ewig rauschen die Gelder" heißt es und lässt dem Boulevard-Komödienliebhaber wahrlich nichts zu wünschen übrig.

Also ist Eric bei aller kriminellen Energie dennoch ein sympathischer Mann, der alles nur macht, weil er Angst davor hat, als Arbeitsloser in der Achtung seiner Frau Linda zu sinken. Und er kommt zum Schluss – wie es sich für eine Komödie gehört – natürlich heil aus der Sache raus. In der Inszenierung von Jürgen Lingmann am RLT spielt André Felgenhauer diesen Eric mit genau der richtigen Mischung aus Schlitzohrigkeit und Verzweiflung.

Denn just in dem Moment, als er beginnt, allem eine Ende zu bereiten und die erfundenen Untermieter sterben zu lassen, steht ein amtlicher Kontrolleur vor der Tür. Dieser gehört nicht gerade zu den ganz Hellen, und so ist dem Verwechslungs- und Vertuschungsspiel im Sinne des Wortes Tür und Tor geöffnet. Auch wenn in der zweiten Hälfte manch ermüdende Länge entsteht und gelegentlich die große Gag-Dichte auch erschöpft ist – der Abend ist auf pures Vergnügen angelegt und funktioniert.

Zumal da Lingmann sich ganz auf die Vorlage und das Können der Schauspieler verlässt. Auch geht er dabei nicht in die Falle, dem Dialogwitz mit eigenen Ideen noch eins draufzusetzen, was meistens schiefgeht und gerne in plumpen Klamauk mündet. Mathias Rümmler hat ihm die klassische Boulevard-Wohnung mit reichlich Türen und Treppen für Auf- und Abgänge gebaut; das Tempo stimmt und das Ensemble agiert mit Augenmaß. Einem aus diesem Kreis schaut man besonders gern beim Chaotisieren zu: Michael Großschädl als einzig realer Untermieter der Swans, der unversehens in das Täuschungsspiel hineingezogen wird, und mit großem Gespür für den trockenen Witz der Vorlage zum eigentlichen Antreiber der Geschichte wird.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort