Serie Neusser Räume Blick hinter die Kulissen der Stadthalle

Neuss · Die meisten Neusser haben schon einmal Stadthalle und Zeughaus besucht. Doch die "Neusser Räume"-Führung am Sonntag öffnet Türen zu Bereichen, die Besuchern normalerweise verborgen bleiben.

 Die Hubbühne in der Neusser Stadthalle kann Höhenunterschiede von mehreren Metern ausgleichen.

Die Hubbühne in der Neusser Stadthalle kann Höhenunterschiede von mehreren Metern ausgleichen.

Foto: Andreas Woitschützke

Neuss (NGZ) Mehr als 300 Jahre liegen zwischen ihrer Erbauung - und doch besteht eine Verbindung zwischen Zeughaus und Stadthalle: Beide Institutionen, die heute von Neuss Marketing betrieben werden, sind Orte, an denen gefeiert, kommuniziert und gehandelt wird. Michael Giesen, bis 2007 viele Jahre für diese beiden wichtigen Neusser Veranstaltungsstätten zuständig, nimmt die Teilnehmer der "Neusser Räume"-Führung am Sonntag mit auf eine ungewöhnliche Erkundungstour, die Einblicke in Technik und Historie gleichermaßen gibt.

Als die Neusser Stadthalle 1961 eröffnet wurde, besaß sie ein unschlagbares Alleinstellungsmerkmal: "Sie war eine der ersten fernsehgerechten Mehrzweckhallen in der Region, weshalb auch alle wichtigen Düsseldorfer Veranstaltungen in Neuss stattfanden", weiß Michael Giesen zu berichten. "Sämtliche damaligen Größen der deutschen Unterhaltungsindustrie wie Peter Alexander, Willy Millowitsch oder die 'Stachelschweine' waren in Neuss zu Gast."

Bis heute ist die Halle, die zwischenzeitlich grundsaniert wurde und einen Hotelanbau erhielt, Zentrum für Brauchtum, Kultur, Politik und Wirtschaft. Die unterschiedlichen Veranstaltungen erfordern dabei ein hohes Maß an Logistik. Allein der Blick auf die technische Ausstattung der Bühne ist faszinierend. Das Hallenteam zaubert bei jeder Veranstaltung die richtigen Voraussetzungen zum Gelingen der Show. Dann kann es vorkommen, dass der Stromverbrauch kurzzeitig auf den Wert einer Kleinstadt mit 10 000 Einwohnern klettert. Michael Giesen, der manche unterhaltsame Anekdote kennt, zeigt Regieraum, Künstlergarderoben und die eindrucksvollen Lüftungs- und Klimaanlagen, informiert über die aufwendige Organisation einer Veranstaltung, zeigt aber auch die Geschichte und Entwicklung der Stadthalle auf.

Genau auf der Sichtachse zwischen Quirinusmünster und Hafen, den beiden Polen also, die Neuss entscheidend mitgeprägt haben, liegt das Zeughaus, die "gute Stube" der Stadt. Mitten im 30-jährigen Krieg begannen die Baumaßnahmen für ein Kloster der Observanten, das bis 1802 kirchlich genutzt wurde und danach in den Besitz der Stadt Neuss überging, die es 1815 an den preußischen Staat vermietete. Dieser nutzte es wegen der grundsoliden und trockenen Bausubstanz bis Mitte der 1850er Jahre als Zeughaus, also Waffen- und Pulverlager. Später war es Konzerthaus, Schule und Theatersaal, wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und anschließend nur verkleinert wieder aufgebaut.

Heute schätzen auch große, weltweit operierende Firmen dieses "Schmuckkästchen" als Veranstaltungsort für Aktionärsversammlungen oder Produktpräsentationen. Was wenige wissen: In den mittelalterlichen Gewölbekellern wurden Basaltsteine aus der Römerzeit verarbeitet. Sie sind am Sonntag ebenso zu besichtigen wie das Dachgeschoss des Nebengebäudes. Dann klärt Giesen auch die Frage, warum die Damentoiletten im Zeughaus im Parterre zu finden sind, während sich die Herren ins erste Obergeschoss begeben müssen.

Bis Oktober laden Neuss Marketing und NGZ im Rahmen der Reihe "Neusser Räume" alle zwei Wochen zu Aktiv-Touren ein. Ziele sind interessante Institutionen und markante Gebäude, bei denen sich ein Blick hinter die Kulissen lohnt - immer geführt von Kennern des jeweiligen "Neusser Raums".

(NGZ)
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