Nächtliche Hubschrauber-Einsätze über Neuss Auf Verbrecherjagd mit Wärmebildkamera

Neuss · Es ist der Klassiker unter den Nettwerk-Fragen bei Facebook: „Hubschrauber über Neuss - weiß jemand mehr?“ Wir haben die wichtigsten Fakten über nächtliche Helikopter-Einsätze zusammengestellt.

Polizeihubschrauber im Nachtflug (Archivbild).

Foto: Polizei RBK

“Seit Stunden kreist ein Hubschrauber über Gnadental, kriege kein Auge zu - weiß jemand, was da los ist?” - Immer wieder liest man solche Beiträge bei Facebook. Denn natürlich fällt es auf, wenn ein Helikopter mitten in der Nacht über einem Wohngebiet knattert.

Was genau da los war, lässt sich meist erst einige Zeit später klären: Wenn Medien wie zum Beispiel unsere Redaktion Details über den jeweiligen Einsatz recherchiert haben, oder wenn die Polizei eine Pressemitteilung veröffentlicht.

Ein paar grundsätzliche Dinge über solche Hubschrauber-Einsätze treffen allerdings immer zu – es sind hilfreiche Informationen für alle, die das nächtliche Rotorbrummen um den Schlaf gebracht hat, und für alle, die einfach nur neugierig sind. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Warum kreist mitten in der Nacht ein Hubschrauber über Neuss?

„Nächtliche Hubschrauberflüge über Wohngebieten sind zu 99,9 Prozent Einsätze von Polizei- oder Rettungshubschraubern“, sagt Michael Fuhrmann, Sprecher der Deutschen Flugsicherung DFS. „Wobei Rettungshubschrauber meistens zügig von einem Ort zum anderen fliegen; wenn die über einer Stelle kreisen, suchen sie nur einen Landeplatz.“ Wer also nachts wach liegt, weil draußen unablässig ein Helikopter brummt, der kann davon ausgehen, dass es sich um einen Polizeieinsatz handelt. In der Regel geht es bei solchen Flügen um Aufklärung oder Fahndung: Mit moderner Technik aus der Vogelperspektive unterstützt die Helikopterbesatzung die Beamten am Boden. Die Hubschrauberstaffel der NRW-Polizei fliegt im Schnitt 2000 Einsätze pro Jahr, knapp die Hälfte davon bei Nacht.

Ist immer ein Verbrecher auf der Flucht, wenn ein Hubschrauber eingesetzt wird?

Nicht unbedingt: Es gibt verschiedene Szenarien, für die die Polizei in der Nacht Helikopter über Wohngebieten einsetzt. „Oft geht es um vermisste Personen – wenn zum Beispiel ein Mensch mit Orientierungsverlust aus einem Heim weggelaufen ist“, sagt Jörg Schmalfeld, Vize-Vorsitzender der Bundesvereinigung fliegendes Personal der Polizei (BfPP). Manchmal hilft der Hubschrauber, wenn es Meldungen über ein Feuer in der Umgebung gibt, das von der Straße aus nicht zu sehen ist. Und natürlich werden Polizeihelikopter auch für die Suche nach Straftätern eingesetzt, die die Ermittler in der Umgebung vermuten. Dabei muss es übrigens nicht um Mord und Totschlag gehen: „Wir gehen auch bei Einbrüchen und geknackten Fahrkartenautomaten in den Einsatz“, sagt Schmalfeld. Ob der Hubschrauber angefordert wird, entscheidet die Einsatzleitstelle der Polizei vor Ort; konkrete Richtlinien darüber gibt es nicht.

Dürfen Hubschrauber nachts überhaupt so tief fliegen?

Dürfen sie. Einschränkungen bei der Flughöhe gibt es für Polizei- und Rettungshubschrauber nicht, sagt DFS-Sprecher Fuhrmann. „Die sind ja im Einsatz, da geht es mitunter um Leben und Tod - die Piloten müssen tun, was erforderlich ist.“ Und ob der Hubschrauber 100 Meter höher oder tiefer fliegt, spielt für den entstehenden Fluglärm ohnehin kaum eine Rolle: Gerade nachts sind die Maschinen zum Teil schon aus fünf Kilometern Entfernung zu hören.

Woher kommt der Polizeihubschrauber über Neuss?

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Diese Hubschrauber setzt die NRW-Polizei ein

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Foto: dpa/Wolfram Kastl

Drei Möglichkeiten gibt es, sie gelten im Grunde für ganz NRW:

  • von den Flughäfen Düsseldorf oder Dortmund (dort ist die Polizei-Fliegerstaffel NRW stationiert und erreicht nach eigenen Angaben jeden Ort im Land innerhalb von 30 Minuten)
  • vom Flugplatz Bonn-Hangelar in Sankt Augustin, wo die Fliegergruppe der Bundespolizei sitzt.

Ob über Ihrem Haus gerade die Fliegerstaffel NRW kreist oder die Bundespolizei, hängt vom genauen Einsatzort ab. Die Bundespolizei ist zuständig für Flughäfen und Bahnanlagen: Gleise, Bahnhöfe und dergleichen. Alles andere fällt in die Zuständigkeit der Polizei-Fliegerstaffel NRW. Wobei sich die Behörden gegenseitig aushelfen, wie BfPP-Vize Schmalfeld betont: „Es macht keinen Sinn, dass die Polizei anderthalb Stunden zum Ereignisort fliegt, um zu gucken, ob da jemand ist – so lange wird der Täter nicht warten.“

Was für Hubschrauber setzt die Polizei ein?

  • Die Fliegerstaffel NRW verfügt über sechs Airbus H145 – den nach eigenen Angaben modernsten Polizeihubschrauber auf dem Weltmarkt. Die Maschinen erreichen mit ihren zwei Turbinen eine Höchstgeschwindigkeit von 260 Stundenkilometern und können bis zu drei Stunden in der Luft bleiben.
  • Die Bundespolizei fliegt für Beobachtungseinsätze den Eurocopter EC135, einen Mehrzweckhubschrauber mit 259 km/h Höchstgeschwindigkeit und einer maximalen Flugdauer von 2,5 Stunden.
  • Im Einsatz sind bei beiden Behörden auch Eurocopter EC155: leichte Transporthubschrauber mit 830 Kilometern Reichweite und 324 km/h Höchstgeschwindigkeit.

Wie finde ich heraus, was das genau für ein Hubschrauber ist?

Bundespolizei-Helikopter sind dunkelblau; die von der Landespolizei silbern mit blauen Elementen. Aber in der Nacht werden Sie das kaum erkennen können. Glück könnten Sie mit der Tracking-App Flightradar24 haben (gibt es für Iphone und Android-Handys) – sie stellt anhand sogenannter ADS-B-Daten live das Bewegungsprofil ziviler Flugzeuge und Hubschrauber dar und hat auch viele Infos dazu, um welches konkrete Fluggerät es sich handelt. Polizei-Helikopter werden jedoch nicht immer erfasst.

Welche Technik haben diese Helikopter an Bord?

„Die Piloten tragen Restlichtverstärkerbrillen“, sagt Jörg Schmalfeld. Auch wenn es am Boden zappenduster scheint, können diese Geräte immer noch ein Bild darstellen. An Bord ist außerdem ein Wärmebildsystem für die Suche nach Menschen oder Spuren am Boden. Das Modell im Airbus H145 kann laut Hersteller Temperaturunterschiede von 0,02 Grad wahrnehmen und als Wärmesignatur fürs menschliche Auge sichtbar machen. Solche Videos können auch live an die Leitstelle übertragen werden. Um die Technik zu bedienen, sitzt in jedem Hubschrauber neben den beiden Piloten ein sogenannter Operator.

Dieser Hubschrauber kreist da jetzt wirklich schon lange, ist das echt nötig?

Vermutlich schon. Wer genervt ist, darf sich gern hineinversetzen in die Haut des Nachbarn, bei dem vielleicht gerade eingebrochen wurde. „Und manchmal ist der Helikopter eben das einzige Mittel, das man hat, gerade wenn es wirklich schnell gehen muss“, sagt Schmalfeld: „Weil der Täter sonst weg sein könnte, oder weil die vermisste Person nachts im Winter bei minus zehn Grad draußen sitzt.“

Welche Polizeihubschrauber-Einsätze gab es in der Vergangenheit über Neuss?