Talk auf dem blauen NGZ-Sofa in Neuss Breuer: „Wiederwahl wird kein Spaziergang“

Neuss · Digitalisierung, Stadtentwicklung, die Wahl 2020 – Bürgermeister Reiner Breuer stellte sich beim Talk auf dem blauen NGZ-Sofa den Fragen von Chefreporter Ludger Baten.

Er hatte schon einmal auf dem blauen NGZ-Sofa gesessen, und zwar am 28. Januar 2016. Fast auf den Tag genau drei Jahre später stellte sich Bürgermeister Reiner Breuer erneut den Fragen von NGZ-Chefreporter Ludger Baten. Es war der erste Talk dieser Reihe in Neuss, der an einem Samstagvormittag stattfand. Trotz der ungewöhnlichen Zeit kamen rund 80 Besucher ins Haus der Bürgergesellschaft.

Um es vorweg zu nehmen: Der 49 Jahre alte Bürgermeister verkaufte sich gut. Er kam bei seinen Parteifreunden gut an, vertrat aber auch Positionen, die ebenso konservativere Wähler ansprechen. Viele CDU-Politiker dürften erkannt haben, dass Reiner Breuer nicht zu unterschätzen ist. Zwar sagte der Amtsinhaber, dass die erneute Kandidatur im kommenden Jahr kein Spaziergang wird; dasselbe dürfte aber auch für seinen Herausforderer gelten, wer immer dies auch sein wird. „Man ist zu 100 Prozent Bürgermeister“, sagte Reiner Breuer und gestand: „Ich bin nicht mehr Herr meines Terminkalenders.“

Während Ehefrau Ute ihm mit einem strahlenden Lachen ein großes Bier brachte, gelang es ihrem Mann, mögliche Fettnäpfchen elegant zu umgehen. Das dürften die Traditionalisten gerne gehört haben: „In Neuss gibt es 19 Schützenfeste – jedes hat seine Eigenarten, und ich lasse mich gerne darauf ein.“ Nein, er fühle sich nicht überbezahlt, ein Teil des Gehalts sei auch Schmerzensgeld. Dann ging es um konkrete Themen. Das aktuellste: die Zukunft der Braunkohle.

Der Ausstieg aus der Kohle könne auch Auswirkungen auf Neuss haben, betonte der Bürgermeister angesichts des bevorstehenden Strukturwandels. Reiner Breuer sähe es gerne, wenn Kohle-Kumpel später einmal in Neuss ihr Geld verdienen würden. Dazu müssten aber dringend weitere Gewerbeflächen ausgewiesen werden. Wichtig sei der frühe Dialog mit Bürgern, Reiner Breuer warb aber um Verständnis: „Zur Sicherung unseres Wohlstands müssen auch Einschränkungen in Kauf genommen werden.“ Er bezeichnete es als eine Herkulesaufgabe, das hohe Niveau der Steuereinnahmen bei einer sich abschwächenden Konjunktur aufrecht zu erhalten – 170 Millionen Euro spülen die Firmen als Gewerbesteuern in die Stadtkasse bei einem Gesamtetat von rund 500 Millionen. „Das ist Wahnsinn“, sagte der Bürgermeister.

Hohen Stellenwert genießt für ihn die Digitalisierung. Sie könne unter anderem dazu beitragen, dass Parksuchverkehre in der Innenstadt deutlich reduziert werden. Man könne schon jetzt online Termine im Bürgerbüro vereinbaren – überhaupt ist für Breuer wichtig, dass die Digitalisierung den Menschen einen konkreten Nutzen bringt, nicht Selbstzweck sein darf.

Womit er gar nicht zufrieden ist: Der Anteil der Radfahrer am Verkehrsaufkommen liegt derzeit bei bescheidenen acht Prozent – Breuer wünscht sich 20 bis 25 Prozent und möchte den Radverkehr ebenso stärker fördern wie den Öffentlichen Personennahverkehr. Was ihn freut: „Der Bauverein hat den Sozialen Wohnungsbau wieder entdeckt.“ Vor allem am Alexianerplatz und auf dem Gelände der ehemaligen Sauerkrautfabrik Leuchtenberg würden attraktive Wohngebiete entstehen, ebenso nördlich des Bahnhofs – gut durchmischte Wohngebiete, von denen aus die Innenstadt fußläufig zu erreichen ist: „Die Immobilen werden weggehen wie geschnitten Brot“, ist sich der 49-Jährige sicher. Gar nichts hält er von den Plänen des Landrats, eine Kreis-Wohnungsbaugesellschaft zu gründen.

„Was gibt es Neues bezüglich der Krankenhäuser-Fusion?“, wollte Ludger Baten wissen. Für Breuer ist die Fusion des Lukaskrankenhauses mit den Kreiskrankenhäusern in Grevenbroich und Dormagen „der richtige Schritt“. Er warb für „faire Verhandlungen auf Augenhöhe“ zwischen dem Rhein-Kreis und der Stadt Neuss. „Wir sollten nicht auf tolle Lukasianer machen und den anderen nicht versuchen, etwas überzustülpen“, erklärte Breuer.

Ziel müsse es sein, die Qualität in allen drei Häusern zu verbessern. Neuss sieht er auf einem guten Weg: „Die Stadt bewegt sich in die richtige Richtung. Ich möchte sie noch moderner und sozialer machen.“ Breuer hält die SPD in Neuss für vergleichsweise gut aufgestellt. Trotzdem weiß er, dass er auch auf die Stimmen aus anderen politischen Lagern angewiesen sein wird. Deshalb sagt er: „Ich bin ein Bürgermeister für alle Neusser.“

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