Neuss Bewusst unspektakulär

Neuss · Neuss Am ersten sonnigen Frühlingssonntagnachmittag ein Konzert in einer schattigen Kirche zu hören, war keine so recht anregende Vorstellung. Dennoch fanden sich etliche Interessierte in der Thomas-Morus-Kirche ein, um die Further Choralschola mit Gregorianischem Gesang sowie deren Leiter Guido Harzen an der Orgel zu hören.

Neuss Am ersten sonnigen Frühlingssonntagnachmittag ein Konzert in einer schattigen Kirche zu hören, war keine so recht anregende Vorstellung. Dennoch fanden sich etliche Interessierte in der Thomas-Morus-Kirche ein, um die Further Choralschola mit Gregorianischem Gesang sowie deren Leiter Guido Harzen an der Orgel zu hören.

Der Ablauf des Programms war dem Mess-Ordinarium nachgestaltet, wobei das Credo fehlte. Dafür aber leitete das "Ite missa est - Alleluja" passenderweise den vorletzten Programmpunkt ein, denn genau dieses liegt dem "Alleluja" aus dem Orgel-Tryptichon des polnischen Komponisten Jan Janca (geboren 1933) zugrunde. Warum Harzen nicht damit die Stunde Musik beschloss, sondern Bachs Toccata F-Dur BWV 540 wie ein Orgelnachspiel anfügte, bleibt sein Geheimnis.

Als "Rausschmeißer" nach einer Messe, bei dem nach katholischer Unsitte die Gemeinde bereits aus der Kirche läuft, kaum dass der Priester den Altar verlässt, hätte sich das Werk geeignet, doch als Konzertschluss war es - bei allem Respekt vor dem großen Bach - ziemlich langweilig. Hätte man es doch zum Abschluss bei Jancas spannendem Werk belassen, wie ja auch Petr Ebens (1929-2007) triumphales "Festivo I" den Beginn eindrucksvoll markierte!

Dazwischen hörte man Kyrie, Gloria, Sanctus/Benedictus und Agnus Dei jeweils in gleichartiger dreiteiliger Gestaltung: Zuerst erklang das jeweilige Orgelstück aus dem Orgel-Ordinarium "Cunctipotens genitor Deus" des Kölner Komponisten Hermann Schroeder (1904-1984), danach sang die Choralchola den Messtext. Daran schlossen sich mehrere "Musikalische Auslegungen" dieses Textes aus der 1. Orgelmesse "Messe solemnelle à l'usage des paroisses" des französischen Barockkomponisten Francois Couperin (1668-1733) an.

Dabei wusste Harzen die vom Komponisten vorgegebenen Orgelregister wirkungsvoll und werkgerecht einzusetzen und brachte den Zuhörern so eine Facette von Barockmusik nahe, die viel zu selten zu hören ist. Auch Hermann Schroeders klassisch-moderne Orgelsprache zeigte, wie vielfältig die Auseinandersetzung mit kirchenmusikalischen Traditionen auch im vorigen Jahrhundert geführt wurde - mit sehr hörenswerten Ergebnissen.

Die verbindende Klammer des gregorianischen Chorals, Dreh- und Angelpunkt der Kompositionsausrichtung, steckte zugleich den Anspruch der Künstler ab: Dort ging es nicht um künstlerische Selbstdarstellung, sondern um Kirchenmusik, zur Ehre Gottes und für den gottesdienstlichen Gebrauch.

Die informative Einführung ins Programm durch Guido Harzen, aber auch die bewusst unspektakuläre Darbietung der Musik im Konzert durch alle Beteiligten lösten diesen Anspruch ein und vermochten zu überzeugen.

(NGZ)
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