Lokale Wirtschaft Besuch aus der „Bananenrepublik“

Lokale Wirtschaft · Neuss Marco Valle hat sich noch nicht akklimatisiert. Der Ecuadorianer steht im Raum 2.04 des Berufsbildungszentrums (BBZ) an der Weingartstraße, hat den Reißverschluss bis zum Kinn zugezogen und strahlt doch über das ganze Gesicht. Im Rahmen einer europäischen Stippvisite ist der technische Leiter der Bananenkooperative "El Guabo" zu Besuch. Der Experte soll über fairen Handel sprechen - vor Experten.

 Bananenstark - Marco Valle (vorne mit Lehrerin Kerstin Sieben) besuchte eine Handelsschulklasse des Berufsbildungszentrums an der Weingartstraße.

Bananenstark - Marco Valle (vorne mit Lehrerin Kerstin Sieben) besuchte eine Handelsschulklasse des Berufsbildungszentrums an der Weingartstraße.

Foto: NGZ

Neuss Marco Valle hat sich noch nicht akklimatisiert. Der Ecuadorianer steht im Raum 2.04 des Berufsbildungszentrums (BBZ) an der Weingartstraße, hat den Reißverschluss bis zum Kinn zugezogen und strahlt doch über das ganze Gesicht. Im Rahmen einer europäischen Stippvisite ist der technische Leiter der Bananenkooperative "El Guabo" zu Besuch. Der Experte soll über fairen Handel sprechen - vor Experten.

Die Handelsschüler des BBZ haben sich als Wahlpflichtfach "Fairtrade" ausgesucht. BWL für das gute Gewissen sozusagen. Und so sind in dem Klassenraum neben den Schülern und ihrer Lehrerin Kerstin Sieben auch Gisela Welbers von der Neusser-Eine-Welt-Initiative und Angelika Grote von Transfair in Köln an die Weingartstraße gekommen, um für ein wenig Gerechtigkeit beim globalen Handel zu werben.

Marco Valle stellt sein Land vor: Einwohner, Fläche, Bruttosozialprodukt. Ecuador sei zudem das Land mit dem größten Bananenexport. "In Deutschland", sagt er, "sind Bananen die zweitbeliebteste Frucht nach Äpfeln." Dann stellt er die Idee der Genossenschaft "El Guabo" vor: 500 Bauern in 17 Gruppen haben sich dem Kollektiv angeschlossen, dass sich verpflichtet, seine Früchte ohne Pestizide anzupflanzen. "Der faire Handel gibt ihnen Abnahmegarantien und faire Mindestpreise sowie Extraprämien für ökologischen Anbau", heißt es auf der Internetseite von Fairtrade.

Gleichzeitig wird dafür gesorgt, dass bestimmte Hygienestandards für die Arbeiter gewährleistet sind: Toiletten, Duschen, es gibt zwei medizinische Zentren, und sogar einen Mindestlohn. Immerhin 700 Festbeschäftigte und 1600 Saisonarbeiter schaffen auf den Plantagen an der Westküste des Landes. Die Lehrerin Kerstin Sieben fragt auf Spanisch, ob manchmal auch Vogelspinnen zwischen den Stauden säßen. Die Schüler schreien auf - und Marco Valle strahlt jetzt noch mehr. "Ja", sagt er, manchmal sei ein Nest zwischen den Stauden, das ganz vorsichtig herausgehoben würde. Die Spinne werde dann in der freien Wildbahn entlassen.

Dass die Natur nicht belastet wird, ist eines der großen Ziele bei der Organisation der Kooperative: Plastiktüten sollen nicht in der Umwelt entsorgt und schon gar nicht verbrannt werden. Gedüngt wird mit einem selbst produzierten organischen Düngemittel aus Zitrusextrakt.

Die Schüler nehmen ihr Engagement ernst. Nadine Reiners hat eine Tasche mitgebracht, die aus Trinkpäckchen zusammengeklebt ist. Sie hätten in der Schule schon eine Präsentation zum Fairen Handel initiiert sagt Nadine, bei einem Tag der offenen Tür den Besuchern das Konzept erläutert.

Gisela Welbers ist jedenfalls völlig begeistert von den Schülern. "Nadine wird bald ein Praktikum im Café Flair an der Drususallee absolvieren", sagt sie. Die Welt scheint ein wenig gerechter.

(NGZ)
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