Shakespeare Festival in Neuss Berückender "Macbeth"

Neuss · Die Wurzeln sind unverkennbar. Für die Theaterbühne wurde der Chor gegründet – an einer berühmten noch dazu: am Nationaltheater Dramaten in Stockholm –, aber der Erfolg auch außerhalb des Schauspiels machte aus dem "Romeo & Julia Kören" schnell ein eigenständiges Ensemble. Warum die Entwicklung der singenden Schauspieler aus Schweden nicht anders verlaufen konnte, zeigt eindrucksvoll ihr Auftritt im Globe.

Die Wurzeln sind unverkennbar. Für die Theaterbühne wurde der Chor gegründet — an einer berühmten noch dazu: am Nationaltheater Dramaten in Stockholm —, aber der Erfolg auch außerhalb des Schauspiels machte aus dem "Romeo & Julia Kören" schnell ein eigenständiges Ensemble. Warum die Entwicklung der singenden Schauspieler aus Schweden nicht anders verlaufen konnte, zeigt eindrucksvoll ihr Auftritt im Globe.

Shakespeares "Macbeth" in rund 70 Minuten — allein das ist schon rekordverdächtig. Diverse Figuren treten gar nicht erst auf. Aber: Man vermisst sie auch nicht. Zumal da das Theaterspiel nur einen Teil der Aufführung ausmacht — der andere Teil ist die Chormusik von Josquin Desprez (1450—1521) und Clément Janequins (1485—1558). Sie ist nicht einfach nur eine Unterstreichung, sondern Hin- und Wegführung zu Handlung und Mensch. Wenn überhaupt instrumental begleitet, dann nur von einer Laute.

Ein Bühnenjuwel

Wunderbar berührend ist das kongeniale Zusammenspiel von Musik und Theater zum Beispiel, wenn das noch glückliche Ehepaar Macbeth beieinanderliegt und in zärtlichen Gesten jeweils dem anderen die Hand streichelt und der Chor dazu im Kreis um die beiden herum zum mehrstimmigen, zarten Gesang anhebt. "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist", hat Victor Hugo einmal gesagt — was in dieser Aufführung gleich mehrfach zutrifft. Für Ohr und Auge gleichermaßen berückend bereichern die Schweden das Festival mit einem kleinen, aber funkelnden Bühnenjuwel.

Ganz stilecht

Alles an dieser Arbeit ist perfekt durchdacht. Von der Auswahl der Musik mit zur Geschichte höchst passenden Chorkompositionen über wunderbare Stimmen bis hin zu den historischen, den jeweiligen Typ unterstreichenden Kostümen. Dunkeldräuendes Gedröhn kündigt Unheil an; die ganze Zeit über liegt ein merkwürdig unwirkliches Sirren und Zirpen in der Luft.

Zudem hat Regisseur Benoît Malmbergg die Tragödie nicht nur geschickt verknappt, sondern durchaus auch listige Anleihen bei anderen Shakespeare-Stücken gemacht. Wie bei "Hamlet" wird dem Königsmörder mit einem Spiel im Spiel das eigene schändliche Tun vor Augen geführt. Ganz stilecht dabei: Ein Mann schlüpft in die Frauenrolle der Lady Macbeth, wie das Publikum es zu Shakespeares Zeiten gar nicht anders kannte.

(NGZ)
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