Neuss ist „gebirgiger“ als man glaubt „Bergstadt Neuss“ bald ohne Bergwacht

Reuschenberg · Neuss ist „gebirgiger“ als viele denken. Dafür stehen Himmels-, Reck- oder Schellberg. Für einige Reuschenberger war das vor Jahren der Grund, eine „Bergwacht“ zu gründen. Ein Jux-Verein, der sich nun auflöst.

 Der Reckberg bei Uedesheim, dessen „Gipfel“ immerhin 44,87 Meter über dem Meeresspiegel liegt, fällt zur Rheinaue „steil“ ab.

Der Reckberg bei Uedesheim, dessen „Gipfel“ immerhin 44,87 Meter über dem Meeresspiegel liegt, fällt zur Rheinaue „steil“ ab.

Foto: Christian Kandzorra

Die Stadt verliert einen ihrer sicherlich schillerndsten Vereine. Denn die Reuschenberger Bergwacht löst sich auf. Am 2. Oktober soll im Vereinsheim des Tennisclubs an der Jakob-Koch-Straße, der „Mittelstation“ der in Spitzenzeiten fast 150 Bergretter, das letzte Bergfest gefeiert werden. Echte Einsätze in der heimischen „Bergwelt“ wollte und konnte der Jux-Verein nicht leisten, und so sei das Interesse etwas eingeschlafen, vermutet Gründungsmitglied Dirk Rabe, der als Pächter der Gaststätte „Barriere“ bis vor einigen Monaten auch die „Talstation“ des Vereins betreute.

Dabei ist Neuss gebirgiger, als man am Niederrhein vielleicht glauben mag. Einen „Reuschenberg“ gibt es zwar ebenso wenig wie einen „Weißenberg“, doch weist der Stadtplan echte Erhebungen aus – auch wenn der steilste Anstieg im Stadtgebiet in einem Düker zu bewältigen ist, der unter dem Erftkanal im Hafen gebaut wurde. Aber es gibt den Himmels- und den Reckberg zwischen Uedesheim und Grimlinghausen. Die sind als Sandaufwehungen nach der letzten Eiszeit entstanden, weiß Claudia Chehab vom Stadtarchiv zu berichten. Und es gibt den Schellberg bei Norf, der nach Chehabs Wissen seinen Namen seiner ovalen Form zu verdanken hat. „Schell kommt von Schild“, sagt sie.

Der Schellberg, nach dem am 21.März 1969 eine Straße in Norf benannt wurde, wurde 1534 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Viel mehr gibt es über die Anhöhe zwischen Gnadental und Grimlinghausen – genau 37,43 Metern über dem Meeresspiegel – scheinbar nicht zu berichten.

Anders liegt der Fall beim Himmelsberg – die Straße gleichen Namens gibt es seit dem 28. Oktober 1930 – und dem Reckberg, dessen Zufahrt seit dem 4. Oktober 1957 „Am Reckberg“ heißt. Am Reckberg, dessen Namensgebung im Dunkeln liegt und der sich mit 44,87 Metern über Normalnull der Niederrheinterrasse erhebt, trafen schon Römer und Germanen aufeinander. Die einen errichteten auf der Höhenrippe ein kleines Kastell, an das heute der Nachbau eines Limes-Wachturms erinnert, die anderen siedelten am Fuße des Berges, wo es einen Rheinübergang ins Germanische gab. Spuren dieser Siedlung fanden sich, als zur Vorbereitung eines Deichneubaus Grabungen angestellt wurden. Weniger geschichtsträchtig ist der 42,70 Meter hohe Himmelsberg, auch wenn er durch einen Polizistenmord am 5. August 1961 traurige Berühmtheit erlangte. An seinen Hängen schlagen heute die Mitglieder des Shawano-Apachenclubs ihre Tipis auf.

Die höchste Erhebung in Neuss ist die Müllhalde in Grefrath mit 83,99 Metern über Normalnull. Kein Wunder: Die Skihalle darauf heißt nicht umsonst „Neusser Gletscher“.

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