Interview mit dem Beigeordneten Holger Lachmann „Neuss ist eine sichere Stadt“

Der Beigeordnete für Bürgerservice, Personal und Sicherheit spricht über IT-Lösungen, Ehrenamt – und Angst.

Herr Lachmann, Sie waren in Bergkamen Kämmerer, jetzt sind Sie Beigeordneter der Stadt Neuss für Bürgerservice, Personal und Sicherheit. Haben Sie nun Neigungsthemen  übernommen?

Holger Lachmann Ich habe in Neuss – einer Großstadt mit 160.000 Einwohnern – ein komplettes Ordnungsdezernat übernommen. Nach den Finanzen in Bergkamen, einer Stadt mit 50.000 Einwohnern, verantworte ich zudem den zweiten großen Bereich einer kommunalen Kernverwaltung mit Personal, Organisation und IT. Das bereitet mir Freude, das ist aber auch eine Herausforderung.

Zu Ihren ersten großen Projekten zählt das neu strukturierte Bürgeramt, das soeben eröffnet wurde. Sind Sie zufrieden?

Lachmann Das Umbau-Ergebnis ist funktional und optisch ansprechend. Wichtig ist, dass die Bearbeitungsschalter und der Wartebereich besser getrennt sind, um für mehr Ruhe zu sorgen. Über Online-Ticketing ermöglichen wir jetzt verbindliche Termine, damit die Bürger, unsere Kunden, die gewonnene Zeit in der Stadt verbringen können. Zudem ist die Benutzerfreundlichkeit für unsere Kunden mit Behinderungen gestiegen. Für ein Zwischenfazit ist es zu früh. Noch sammeln wir Erfahrung und werden dort, wo erforderlich, nach justieren.

In Ihr Dezernat fällt auch die Feuerwehr. Jetzt standen drei junge Wehrleute vor Gericht, die Brände gelegt hatten, um anschließend zu löschen. Wie schwierig ist die Situation für Sie?

Lachmann Ich verstehe, dass so eine Tatreihe starke mediale Wahrnehmung erfährt. Aber mir tun die vielen redlichen Feuerwehrleute leid, die ehrenamtlich oder hauptamtlich engagiert sind und einen gewaltigen Beitrag zum Schutz der Menschen leisten. Sie haben Anerkennung und Respekt verdient, müssen aber auch Negativschlagzeilen ertragen, für die einige wenige schwarze Schafe verantwortlich sind.

Wie lebensgefährlich der Einsatz als Feuerwehrmann sein kann, zeigte sich Ende Dezember 2017. Damals wurden zwei Feuerwehrleute bei einem Brand in Weckhoven schwer verletzt. Wie geht es den beiden Männern?

Lachmann Sie sind auf dem Weg der Besserung, aber sie sind immer noch krank geschrieben. Sie werden Gott sei Dank wieder gesund. Dafür geben wir ihnen ausreichend Zeit, üben keinen Druck aus. Weitere Gespräche darüber, wie wir die Wiedereingliederung angehen, werden wir  demnächst führen.

Sie sind kein Freund der Kinderfeuerwehr. Warum packen Sie das Thema nicht an? Weil es mit Jörg Geerlings ein CDU-Politiker vorgeschlagen hat?

Lachmann Nein. Eine Kinderfeuerwehr muss von Ehrenamtlern getragen werden. Das ist auch in den umliegenden Städten so. Ich halte nichts davon, das als Politiker oder Beigeordneter vorzugeben. Gemeinsam mit der Wehrleitung bin ich der Überzeugung, dass sich unsere Feuerwehrleute auf ihr Kerngeschäft konzentrieren: Einsätze und das Training für diese Einsätze. Alle Feuerwehrleute, ob ehrenamtlich oder hauptamtlich, verdienen Hochachtung für das, was sie – zum Teil auch in ihrer Freizeit – leisten. Wir sollten ihnen nicht noch mehr aufbürden.

Über den Rettungsdienst hört die Öffentlichkeit wenig. Warum ist das so?

Lachmann ...weil er bei uns in Neuss in bewährten Händen liegt. Die drei Anbieter, Johanniter, Malteser und Deutsches Rotes Kreuz, sind professionell und zuverlässig. Davon habe ich mich persönlich überzeugt und bin bei einer Schicht einmal mitgefahren. Mein Eindruck: Die können das.

Dann sind Digitalisierung und IT-Technologien also die spannendsten Themen für Sie?

Lachmann Nein. Alle meine Fachbereiche sind mir gleich wichtig. Aber hinter dem Stichwort Digitalisierung verbirgt sich der größte Wandlungsprozess, weil wir Arbeitsabläufe neu denken müssen. Zum Beispiel kommt auf uns die E-Akte zu. Wir benötigen zusätzliches Fachpersonal und haben zwei Stellen im Bereich Document-Management ausgeschrieben.

Fürs Rathaus übernimmt doch mit dem kommunalen Dienstleister ITK Rheinland alle IT-Aufgaben. Ist so ein Gigant Fluch oder Segen?

Lachmann Es ist die große Frage, ob wir uns in einer gemeinsamen  Struktur auf standardisierte Prozesse verständigen können. Zwischen den Anforderungen der Landeshauptstadt Düsseldorf und der Gemeinde Rommerskirchen liegen Welten. Wir können beim interkommunalen Dienstleister aber nicht für jeden Einzellösungen finden. Wir sollten uns darauf konzentrieren, die Vorteile der ITK zu nutzen.

Dem Gebäudemanagement Neuss  (GMN) fehlt Personal, es schafft seine Aufgaben nur mit Mühe. Könnte eine starke IT-gestützte Organisation dem GMN nicht helfen?

Lachmann Wir wissen alle, wie schwer es ist, Fachpersonal zu verpflichten. Insofern ist viel wichtiger in meinen Augen, dass die Politik den Aufgabenkatalog für das GMN stärker priorisiert. Was hat Vorrang? Aber vor allem: Was muss warten?  Es darf nicht nur drauf gesattelt werden, wie zum Beispiel das TG-Zentrum oder die Internationalität des Museums, ohne zugleich zu sagen, was dafür an Priorität verliert.

Sie sind auch Sicherheitsdezernent. Gehen Sie nachts allein durch den Stadtgarten?

Lachmann Ich gehe ohne Angst nachts durch die Stadt. Wir haben 16 Mitarbeiter im Kommunalen Ordnungsdienst, die mit der Polizei kooperieren, und die auch Präsenz zeigen. Selbst der Marienkirchplatz ist im Sinne der Polizei-Definition kein Kriminalitätsschwerpunkt. Dennoch muss dort etwas getan werden und es wird ja auch einiges getan.

Ist Neuss eine sichere Stadt?

Lachmann Ja. Ohne Wenn und Aber.

Sie sind noch 38 Jahre jung. Wollen Sie der Stadt  Neuss erhalten bleiben?

Lachmann Das ist mein Plan. Ich bin für acht Jahre gewählt, arbeite hart, auch um wieder gewählt zu werden.  Die Zusammenarbeit mit den Kollegen im Rathaus ist gut und bereitet Freude und gemeinsam mit dem Rat können wir viel erreichen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort