Neuss Bauverein kauft "Alexius"

Neuss · Der Aufsichtsrat des Bauvereins hat den Kauf des Alexius-Krankenhauses samt 100.000 Quadratmetern Grund und Boden beschlossen. Für den Bauverein ist es das größte Projekt der Firmengeschichte, für die Stadt auch der Einstieg in eine neue Flüchtlingsstrategie.

 Die Alexianerbrüder wollen endlich ihr ehemaliges Krankenhaus verkaufen. Der Neusser Bauverein ist bereit, die Liegenschaft zu erwerben.

Die Alexianerbrüder wollen endlich ihr ehemaliges Krankenhaus verkaufen. Der Neusser Bauverein ist bereit, die Liegenschaft zu erwerben.

Foto: A. Woitschützke

Die Ordensgemeinschaft der Alexianerbrüder steckt in einem Dilemma. Sie will nach über 500 Jahren segensreichen Wirkens in Neuss nicht mit der Entscheidung in Erinnerung bleiben, die Flüchtlinge vor die Tür gesetzt zu haben, kann aber andererseits die Verhandlungen mit Privatinvestoren über den Verkauf des ehemaligen Krankenhauses an der Nordkanalallee zu keinem Abschluss bringen, weil das Land dessen Nutzung als zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) für aktuell über 500 Flüchtlinge seit Ende 2012 immer wieder verlängert. Um die Sache dennoch endlich zu einem Abschluss zu bringen, hat der Orden den Gesamtkomplex dem Neusser Bauverein angeboten. Die Lösung sei "aus der Not geboren", sagt der Neusser Rechtsanwalt Jost Paul.

Neuss: Bauverein kauft "Alexius"
Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Paul verhandelt seit Jahren im Auftrag der Alexianerbrüder über den Verkauf des Krankenhauses samt 100.000 Quadratmeter Grundstück, auf dem ein neuer Stadtteil entstehen soll. Der Bauverein, der 2012 bereits ein Angebot abgegeben hatte, schien aus dem Rennen. Von über 30 Interessenten blieben zuletzt nur noch zwei Bietergemeinschaften, mit denen Paul verhandelte. Eine davon bilden die Neusser Baubetreuungs-GmbH Gerd Lichius und die Ratinger Firma Interboden, deren Geschäftsführer Reiner Götzen gestern aus allen Wolken fiel. Er sah sich noch im Rennen und hatte, so wörtlich, "keinen Anlass, etwas anderes anzunehmen."

Bauverein und Orden aber sind im Prinzip handelseinig. Man müsse noch über Details wie etwaige Altlasten oder einen Übergabetermin verhandeln, erklärt Bauvereins-Vorstand Frank Lubig, doch soll der Verkauf bis zum Herbst mit Notartermin fix gemacht werden.

Der Bauverein kauft eine große Liegenschaft, auf der bis zum Jahr 2020 gut 500 Wohneinheiten entstehen sollen. Bürgermeister Herbert Napp nannte den einstimmig beschlossenen Ankauf gestern Abend denn auch eine "unglaublich wichtige Entscheidung für die Stadtentwicklung". Die Stadt wiederum kauft sich vor allem Zeit. Denn der Erwerb des ehemaligen Alexius-Krankenhauses ist ein wichtiger Baustein in einer neuen Strategie zur Unterbringung von Flüchtlingen in kommunalen Einrichtungen.

Wo möglich, will Bürgermeister Herbert Napp an den bislang dafür definierten 27 Standorten feste Gebäude errichten und auf Container verzichten. Ein Grund: Die neue Energieeinsparverordnung des Landes lässt die Nutzung von Containern nur für zwei Jahre zu, was sie exorbitant teuer macht. Napp spricht von Mietpreisen von bis zu 40 Euro je Quadratmeter. Zweiter Grund: Feste Gebäude schaffen dauerhaft preiswerten Wohnraum. Der muss nicht nur für Flüchtlinge genutzt werden, kann aber. Denn, so Napp, "jeder zweite Flüchtling, der zu uns kommt, bleibt auch hier."

Um diese Unterkünfte aber planen und bauen zu können, benötigt die Stadt Zeit. Gut zwei Jahre, wie Napp vorrechnet. Für die Flüchtlinge, die in diesem Jahr der Stadt zugewiesen werden, konnten Quartiere schon beschafft beziehungsweise vorbereitet werden. Für weitere Entspannung sorgt das Angebot, die beiden Häuser am Berghäuschensweg mit insgesamt 140 Plätzen - wie schon geschehen - dem Land zur Nutzung anzubieten. Etwa noch einmal so viele Menschen sollen nach Möglichkeit in frei werdende Wohnungen des Bauvereins ziehen können. Und wenn nächsten Herbst die neue ZUE des Landes an der Stresemannallee fertig ist, könnte die Stadt den frei werdenden Krankenhaustrakt an der Nordkanalallee nutzen, um ihrerseits dort Flüchtlinge wohnen zu lassen. Zumindest vorübergehend, sagt Napp, der an gut eineinhalb Jahre denkt - und sich über die neu gewonnene Flexibilität freut.

(NGZ)
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