Neusser Schützenfest Bahn-Chef Grube trifft „Kollege König“

Neuss · Sprachloser Schützenkönig. Rainer Halm, seit 35 Jahren in Diensten der Bahn AG, stand gestern plötzlich seinem obersten Dienstherrn gegenüber. Konzern-Chef Rüdiger Grube nahm als Ehrengast an der Königsparade teil.

Bahn-Chef Grube überrascht den Schützenkönig
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Die Überraschung gelang: Mit drei Ehrengästen hatte Schützenkönig Rainer Halm (53) gestern gerechnet, doch als er beim Empfang vor dem Kirchgang einem vierten Überraschungsgast vorgestellt wurde, blieb ihm regelrecht die Spucke weg.

Denn vor dem Eisenbahner Halm stand in voller Lebensgröße Bahnchef Rüdiger Grube (61), seit etwas mehr als zwei Jahren sein oberster Boss."Man sieht mich selten sprachlos", gestand Schützenkönig Rainer II. — aber vor dem Hochamt in der Quirinus-Basilika war er es.

Zum Königsfrühstück nach dem Gottesdienst hatte er allerdings seine Sprache wiedergefunden. Im Zeughaus kündigte Halm, der seinen Königsorden ausnahmslos nur aktiven Schützen verleihen wollte, an, Grube und die übrigen Ehrengäste ebenfalls in den Kreis der Ordensträger aufnehmen zu wollen. Allerdings erst nach der Parade, wenn sie ihren Beitrag zum Schützenfest geleistet haben würden.

Die Idee, neben Nordrhein-Westfalens Landtagsvizepräsident Eckhard Uhlenberg, dem neuen Kölner Generalvikar Stefan Hesse und dem 3M-Generaldirektor Deutschland, Günter Gressler, einen vierten Ehrengast einzuladen, hatte der Bundestagsabgeordnete und CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe entwickelt.

Die erste Anfrage wurde schriftlich an die Berliner Bahndirektion gerichtet. Klar gemacht aber habe er den Überraschungscoup "im Frühsommer bei einem Glas Bier", berichtet Gröhe.

Komiteemitglied Robert Rath wollte den Besuch des Bahnchefs erst glauben, als dieser zum Empfang im Rathausfoyer auch tatsächlich erschien. Denn der Konzernchef hatte seine Zusage davon abhängig gemacht, "dass bei der Bahn nicht Unvorhergesehenes wie etwa ein Unfall passiert", so Rath.

Aber dann war er da — und das mit der größten Selbstverständlichkeit. Um 3.15 Uhr war Grube in Berlin aufgestanden, hatte — der Anzugsordnung des Neusser Schützenkomitees folgend — die Festtagsgarderobe angelegt, die er sich in einem Verleih in Berlin-Stendal besorgt hatte und war in den Flieger nach Düsseldorf gestiegen.

"Ich finde das toll, dass er das macht", sagte Grube in Richtung seines königlichen Mitarbeiters Rainer Halm. "Er ist so ein toller Botschafter für unser Unternehmen." Sein Büro habe auf die erste Anfrage aus Neuss zunächst mit einer Absage reagiert, berichtete Grube, doch das bog er um. "Es gibt doch für uns nichts Schöneres, als solche Kollegen zu haben", sagte Grube, der richtig glücklich darüber war, dass diese Überraschung gelang.

Rainer Halm hatte vor mehr als 35 Jahren seine Ausbildung bei der damaligen Bundesbahn im Stückgutverkehr begonnen. Erster Arbeitsplatz war das Terminal im Neusser Güterbahnhof. Heute pendelt Halm täglich von Grimlinghausen zum Düsseldorfer Hauptbahnhof, wo er Mitverantwortung für ein funktionierendes Schienennetz trägt.

Und noch immer ist die Bahn nicht nur sein Arbeitgeber, sondern auch ein bevorzugtes Verkehrsmittel. Wann immer sich Rainer Halm mit Ehefrau Petra und Freunden aufmacht, Volksfeste in allen Teilen Deutschlands zu besuchen und zu erkunden — und das tut er mehrmals im Jahr — reist er mit der Bahn an. Ganz entspannt.

Hans-Josef Uhr, Schützenkönig des Jahres 2000 und als Lokomotivführer selbst Eisenbahner, hatte aus seinem Fundus die "Mütze des Aufsichtsbeamten" und den "Befehlsstab zur Abfahrt" ausgeliehen, so dass die Überraschung perfekt war. Gemeinsam gaben Halm und Grube das Signal zur "Abfahrt" in Richtung Schützenhochamt.

Die launig vorgetragene Befürchtung von Ablaufoffizier Robert Waldmann, die Parade könnte bei zwei Eisenbahnern auf der Tribüne möglicherweise nicht pünktlich beginnen — "Wir haben bestimmte technische Probleme. Entweder sind wir unterkühlt oder überhitzt — irgendetwas passiert bestimmt" —bewahrheitete sich nicht.

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