30 Jahre Karneval Badehosen, Meerluft, Seemannslieder

30 Jahre Karneval · Ein Dorf ohne Karnevalsverein - dieser Gedanke erschien den Bewohnern von Speck-Wehl vor mehr als dreißig Jahren mehr als schaurig. Trübe Stimmung wie an Aschermittwoch wäre vorprogrammiert gewesen. Was dann als nicht ganz ernst gemeinte Idee begann, stand kurz darauf schon schwarz auf weiß fest: 1973 wurde die KG Blau-Weiß Speck-Wehl e.V. gegründet.

In dieser Karnevalssaison jährt sich das närrische Ereignis nun bereits zum dreiunddreißigsten Mal. Am Freitagabend boten Urgesteine und Nachwuchsjecken der KG dem Publikum im Festzelt ein buntes Programm, das zeigte, dass Trübsinn auch heute noch ein Fremdwort für sie ist. Hans Hamacher, der dem Gründungskomitee angehörte, erinnert sich: "Anfangs hieß unser Motto immer 'Speck putzt Neuss‘." Durch die kommunale Umverteilung gehörte das Dorf nicht mehr Grevenbroich, sondern Neuss an, was zunächst auf breite Ablehnung stieß.

Mit Sticheleien im Karneval wurde dem Ärger Luft gemacht. Heute sind knapp 100 Narren in der KG aktiv und stellen jedes Jahr wieder das volle Programm von der Sitzung bis zum Zug auf die Beine. Ein "Specker Original" ist auch Hans Hamachers Frau Hedwig. In der "Bütt" fühlt sie sich schon wie zu Hause, denn von der ersten Sitzung an erheiterte sie mit Anekdoten aus dem Dorfleben das Publikum. "Ich habe alle meine Texte selbst geschrieben", betont sie.

Auch am Freitag erntete Hedwig Hamacher als "Tussnellsche" wieder stürmischen Beifall. Dass das Karnevalsgen existiert und auch vererblich ist, bewies Hamachers Tochter Ingrid Ripphahn. Als "Doof Nuss" berichtete sie aus der Bütt auf liebenswert mürrische Art von den Wirrungen des Alltags. Sie hatte die schwere Rolle des Eisbrechers übernommen, was ihr mit vollem Erfolg gelang.

Um Nachwuchs braucht sich der Verein keine Sorgen zu machen, was die gut besetzte Tanzgarde zeigte, die mit bekannten Karnevalshits die Stimmung auflockerte. Die Tanzgruppe "The Clup" inszenierte eine orientalische Nacht auf sehr moderne und erfrischende Weise. Die rockige Interpretation bot einen Kontrast zu den üblichen Karnevalsliedern und kam nicht nur bei den jüngeren Besuchern gut an. Doch nicht nur beim Tanzen, auch beim Reden kam der Nachwuchs an die Reihe.

Von skurillen Erlebnissen mit seiner Badehose und Zügen, die spontan die Gleise verlassen, hatte der "Speck-Wehler Jong" René Bijok zu erzählen. Er stellte das Dorfleben aus der Sicht eines Jugendlichen dar und hatte damit die allgemeine Begeisterung sicher. Das Flair vergangener Jahre, als Schallplatten noch den Ton angaben, kam mit dem Auftritt vom "Letzte Plöck" auf.

Die fünf Frauen, die zum Stamminventar der KG gehören, brachten einen Hauch Meerluft ins Zelt, als sie mit alten Seemannsliedern zum Schunkeln und Mitsingen einluden. Sitzungspräsident Horst Ripphahn, der durch das Programm führte, schickte postwendend eine Beifalls-Rakete hinterher.

Für eine Überraschung sorgten die Montagsgirls, die als Polizisten das Zelt stürmten und dabei auch nicht auf ihr Polizeimotorrad verzichten wollten. Der Neusser Prinz hatte es sich nicht nehmen lassen, zu der Veranstaltung etwas beizutragen und war daher mit großem Gefolge angereist. Den Abschluss der diesjährigen Prunksitzung bildeten die legendären Gillbachboys. Ein weiterer Höhepunkt. (emd)

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort