„Sommernachtstraum“ Auf den Punkt gebracht

„Sommernachtstraum“ · Neuss (hbm) Das war vermutlich nicht geplant und stellte die Selbstbeherrschung der Schauspieler auf eine harte Probe: Im hohen Bogen flog der Saugnapf vom Pümpel, mit dem sich Zettel alias Pyramus so wirkungsvoll wie lautstark schon seit einigen Minuten tötete, und einer Zuschauerin in den Schoß. Sie reagierte indes ganz Globe-gemäß und warf das Ding auf die Bühne zurück, auf dass das Spiel der Handwerker im "Sommernachtstraum" auf der Hochzeitsfeier von König Theseus und Königin Hippolyta weitergehen konnte.

 Mit genau kalkulierter Albernheit schwebt Handwerker Flaut als Thisbe durch den „Sommernachtstraum“.

Mit genau kalkulierter Albernheit schwebt Handwerker Flaut als Thisbe durch den „Sommernachtstraum“.

Foto: NGZ-Online

Neuss (hbm) Das war vermutlich nicht geplant und stellte die Selbstbeherrschung der Schauspieler auf eine harte Probe: Im hohen Bogen flog der Saugnapf vom Pümpel, mit dem sich Zettel alias Pyramus so wirkungsvoll wie lautstark schon seit einigen Minuten tötete, und einer Zuschauerin in den Schoß. Sie reagierte indes ganz Globe-gemäß und warf das Ding auf die Bühne zurück, auf dass das Spiel der Handwerker im "Sommernachtstraum" auf der Hochzeitsfeier von König Theseus und Königin Hippolyta weitergehen konnte.

Mehr als sechs Jahre hat die Inszenierung der Shakespeare-Komödie von Edward Hall für die englische nur aus Männern bestehende Truppe "Watermill Propeller Company" schon auf dem Buckel, und dennoch wirkt sie frisch wie im ersten Jahr. 2003 war die Company bereits mit der Produktion Gast im Globe, kam jetzt zwar mit weitgehend neuer Besetzung, aber im Wesentlichen in bekanntem Gewand. Das zeigt keinerlei Abnutzungserscheinungen, sondern begeistert immer noch in der richtigen Mischung von poetischer Stimmung und klamaukigem Humor, der selbst in seinen albernsten Anspielungen nicht plump wird.

Dabei nehmen die Engländer die Figuren, wie sie sind und heimsen nichts hinein: Wird zum Beispiel Hippolyta in vielen neueren Aufführungen gerne als unwillige Braut gezeigt, die als Theseus' Beute vor den Altar gezerrt wird, so ist Hall's Königin einfach nur die liebliche und zufriedene Gattin in spe. Hall's Inszenierung ist vor allem ein großer Spaß, der punktgenau gespielt wird und auch von dem großen Einfallsreichtum im Umgang mit einer eher sparsamen Ausstattung lebt.

Die ganze Vielseitigkeit der shakespeare-erprobten Schauspieler kann indes ermessen, wer sie auch in ihrer zweiten Inszenierung "The Merchant of Venice" gesehen hat. Diese ist ungleich härter und brutaler, fordert einem Darsteller wie Bob Barrett in der Rolle des Antonio eine gänzlich andere Präsenz ab als in der Rolle des tumb-prahlerischen Zettel, der sich in einen Esel verwandelt und als Spiel im Spiel den Pyramus gibt.

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