Neuss Alunorf - der heimliche Weltmeister

Neuss · Das größte Alu-Werk der Welt walzt in Norf 1,5 Millionen Tonnen jährlich für Getränkedosen, Auto-Karosserien und vieles mehr.

Es ist nicht geheim, was hinter den Werkstoren an der Koblenzer Straße in Norf passiert. Dort pulsiert ein Metall-Riese, ein Aluminium-Gigant, er walzt und walzt - und er sorgt dafür, dass Coca-Cola eine Dose hat. Dass Mercedes oder Jaguar eine Karosserie bekommen, dass der Iglo-Tiefkühlfisch in einer Schale liegt. Irgendwie doch ziemlich bekannt, was mit den Produkten des Aluminium-Werkes Alunorf so passiert. Nur eben nicht unter dem Namen, der in Neuss für einen der wichtigsten Industrie-Betriebe steht mit fast 2300 Mitarbeitern.

"Wir sind ein heimlicher Riese, weil es keine Marke ,Alunorf' gibt und Verbraucher unseren Namen nicht kennen, aber unsere Produkte weltweit nutzen", sagt Geschäftsführer Thomas Geupel. "Wir sind Weltmeister, ohne dass man uns kennt. Dafür haben wir jahrzehntelang hart gearbeitet, und das müssen wir auch weiterhin." Alunorf ist ein Joint Venture der beiden Aluminium-Riesen Novelis und Hydro. 1965 wurde es gegründet als Warm- und Kaltwalze für Aluminium-Produkte. Heute erreicht das größte Alu-Werk der Welt eine gigantische Jahresleistung von 1,5 Millionen Tonnen Walzprodukte, hat dafür aber dank moderner Technik seinen jährlichen Energiebedarf auf 1417 Gigawatt-Stunden Gas und 622 Gigawattstunden Strom gesenkt und ist für seine Energieeffizienz 2014 unter anderem mit einem Preis der Deutschen Energie-Agentur ausgezeichnet worden. "Die Energie, die wir benötigen, wird nicht verbraucht, sondern nur genutzt. Sie amortisiert sich beim Gebrauch des Produktes", sagt Geupel. H-Milch in Tetra-Packs muss nicht gekühlt werden, Autos werden leichter. "Und die eingesetzte Energie kommt am Ende im Aluminium-Schrott zum Recyceln wieder zu uns zurück", sagt Geupel.

"Aluminium lässt sich beliebig oft recyceln und behält dabei seine guten Eigenschaften. Deshalb ist auch die Cola-Dose aus unserer Sicht eine Mehrwegverpackung", sagt der technische Geschäftsführer Hans Peter Kneijnsberg. Und das funktioniert so: Aluminium aus Schrotten und in anderer Form wird vorsortiert nach Legierungen und in 13 Schmelzöfen eingeschmolzen. Diese Öfen fassen jeweils bis zu 120 Tonnen Metall, das bei 700 Grad innerhalb von drei Stunden flüssig wird. Das geschmolzene Aluminium, dem auch kleine Anteile anderer Metalle wie Magnesium und Mangan sowie Rein-Aluminium beigemischt werden, wird anschließend zu gewaltigen Barren gegossen. Die sind 60 Zentimeter dick, bis zu neun Meter lang und 30 Tonnen schwer. Die Barren werden vorgeheizt auf etwa 500 Grad und anschließend in eine der beiden Warmwalzen geschoben. Je nach Härte des Materials werden sie in einer der Vorstraßen in unterschiedlich vielen Durchgängen plattgewalzt auf eine Dicke von drei bis sechs Zentimetern - dann sind sie schon bis zu 160 Meter lang. In den Fertigstraßen der Warmwalzen werden sie dann auf eine Dicke von zwei bis acht Millimeter gebracht und am Ende zu kilometerlangen Rollen aufgewickelt. Die werden dann ein bis zwei Tage abgekühlt und sind dann das Ausgangsmaterial für die Kaltwalzen. Dort wird das Aluminium in mehreren Durchgängen auf eine Dicke von bis zu 0,2 Millimeter gebracht und dabei immer wieder aufgewickelt. Nach einer Endbehandlung sind die Rollen dann bereit für den Transport: 160 Lkw und zwei Güterzüge täglich verlassen das Werk und bringen die Bänder zu den Gesellschaftern.

"Die Barren, die wir morgen verarbeiten wollen, werden heute im Rheinwerk bestellt und sind, nachdem sie unsere Walze verlassen haben, per Lkw in 30 Minuten in Grevenbroich zur Weiterverarbeitung", erklärt Geupel. "Das ist noch einmalig. Es gibt aber in China und im arabischen Raum Bestrebungen, dieses Konzept zu kopieren. Deshalb müssen wir besser und schneller arbeiten als der Rest." Und dafür investiert Alunorf derzeit mehr als 80 Millionen Euro in den Ausbau der Warmwalze eins. Der heimliche Riese wächst weiter.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort