Nationalversammlung in der Paulskirche Als Neuss für mehr Demokratie kämpfte

Neuss · Als sich im Jahr 1848 eine verfassungsgebende, deutsche Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche traf, war auch ein Neusser mit dabei: der Abgeordnete und spätere Bürgermeister Michael Frings.

 Die deutsche Nationalversammlung in der Paulskirche 1848.

Die deutsche Nationalversammlung in der Paulskirche 1848.

Foto: akg-images

Es waren unruhige Zeiten im Frühjahr 1848. Die unzufriedenen Bürger schlossen sich zusammen und richteten sich in der Märzrevolution mit ihren Forderungen an den preußischen König. Auch die Neusser beteiligten sich an dem Kampf für mehr Freiheit und Demokratie.

„Ausgelöst wurde das Ganze durch die Februarrevolution in Frankreich“, sagt Helmuth Gilliam, der sich mit der Neusser Geschichte zu dieser Zeit auskennt. Schließlich sei es daraufhin in Wien und Berlin im März 1848 zu Unruhen gekommen. „Ein anderer Aspekt ist der Konflikt mit Dänemark“, so Gilliam. Der dänische König habe nämlich die Gelegenheit nutzen und die Gebiete Schleswig und Holstein annektieren wollen. Der preußische König sei bei der Verteidigung schließlich eingeknickt, was in Deutschland sehr kritisiert worden sei.

In Baden verlangten die Bürger in den so genannten Märzforderungen unter anderem die Einführung der Pressefreiheit und die Wahl eines deutschen Parlamentes. Auch die Neusser beteiligten sich an diesen Aufrufen mit einer Petition an den preußischen König Ende März 1848. Schließlich musste dieser nachgeben. „Der König hat sich letztendlich für Wahlen zu einer Nationalversammlung ausgesprochen“, erklärt Gilliam.

In Neuss und Umgebung hatte sich seit 1846 die wirtschaftliche Lage stark verschlechtert. „Die Kartoffelfäule sorgte für Missernten und Arbeitslosigkeit“, sagt Gilliam. Sogar Schützenkönige habe es in diesen Jahren nicht in Neuss gegeben, erklärt er und lacht. Aber all diese Umstände hätten auch eine besondere Entwicklung begünstigt. „Das Entscheidende war, dass sich verschiedene soziale Schichten der Gesellschaft mit ihren Forderungen an die Öffentlichkeit wandten.“ So zum Beispiel die Tagelöhner, Handwerker und Fabrikarbeiter in Neuss.

Im Mai 1848 wurde schließlich eine verfassungsgebende, deutsche Nationalversammlung gewählt. Sie traf sich in der Frankfurter Paulskirche. Auch der Neusser Michael Frings wurde als Abgeordneter in die Paulskirchenversammlung gewählt. Er war Beigeordneter der Stadt und später sogar Bürgermeister. „Frings war ein gutes halbes Jahr in Frankfurt“, sagt Gilliam.

„Die Maiwahlen waren praktisch ein Sieg des politischen Katholizismus in Neuss und im Rheinland“, so Gilliam. Daraufhin hätte sich ein demokratischer Club gegründet. Er stand mit seinen republikanischen Vorstellungen dem Bürgerverein gegenüber, der eine konstitutionelle Monarchie forderte. „Ganz neu war auch, dass sich verschiedene Vereine gründeten“, sagt  Gilliam. Als Reaktion auf den Waffenstillstand von Malmö, bei dem der Konflikt zwischen Dänemark und dem Deutschen Reich beigelegt wurde, kam es im September 1848 zu einer Demonstration der Demokraten in Neuss auf dem Gebiet der heutigen Rennbahn. „Das war die erste große Zusammenkunft der Demokratie am Niederrhein“, erzählt Gilliam. Als Redner trat dabei auch der damals in Düsseldorf lebende Ferdinand Lassalle auf, der heute als einer der Gründerväter der SPD gilt. Er rief zum Aufstand in Neuss auf, wurde aber schließlich verhaftet.

Letztendlich löste der preußische König die Berliner Versammlung auf und diktierte den Bürgern eine eigene Verfassung auf. Die Versammlung in Frankfurt blieb aber noch einige Zeit bestehen. Als diese endlich eine eigene Verfassung ausgearbeitet hatte, lehnte der preußische König diese ab.

 Michael Frings wurde als Abgeordneter in die Versammlung gewählt.

Michael Frings wurde als Abgeordneter in die Versammlung gewählt.

Foto: Stadtarchiv Neuss

Im Mai 1849 begehrten die aufständischen Bürger in Neuss nochmals auf und versuchten das Zeughaus zu stürmen. Darin waren die Waffen der Stadt gelagert. Aber das Militär hatte diese bereits vorher nach Düsseldorf gebracht. „Damit war auch in Neuss die Revolution gescheitert“, sagt Gilliam.

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