Alexius/Josef-Krankenhaus in Neuss Wenn die Seele auf der Arbeit Schaden nimmt

Neuss · Es sind traumatische Szenen, die manche Arbeitnehmer miterleben müssen: Ein bewaffneter Raubüberfall in der Spielhalle, ein schwerer Arbeitsunfall in der Maschinenhalle, ein dramatischer Verkehrsunfall, in den ein Busfahrer verwickelt ist. Doch es gibt Hilfe.

 Nach schlimmen Erlebnissen auf der Arbeit haben Betroffene oft mit psychischen Belastungen zu kämpfen.

Nach schlimmen Erlebnissen auf der Arbeit haben Betroffene oft mit psychischen Belastungen zu kämpfen.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

„Viele sagen: Ich versuche so damit klar zu kommen, oder sie sprechen mit Freunden“, erklärt Sandra Kreuter, Psychologische Psychotherapeutin am Alexius/Josef-Krankenhaus in Neuss. „Aber manche können nicht vergessen.“ Die Folge: Angst- oder Schlafstörungen, Gereiztheit, Depression, Stress, aber auch körperliche Beschwerden wie Bauchweh oder Schmerz. „Sogar Süchte können aus so einem Erlebnis resultieren“, weiß Kreuter.

Hilfe gibt es in Akut-Trauma-Ambulanzen. Doch während bei einem Arbeitsunfall oder einem Unfall auf dem Weg zum Job klar ist, dass man sich an die Berufsgenossenschaft wenden kann, wissen viele nach einem sogenannten „Schockschaden“ nichts von den bestehenden Hilfsangeboten. Dabei leiden fast zwei Prozent der Berufstätigen in Deutschland unter posttraumatischen Belastungsstörungen. „Wir haben viele Patienten aus helfenden Berufen: Polizisten oder Rettungskräfte, aber auch aus dem Verkauf nach Raubüberfällen auf Kioske oder Banken – eben Menschen, die angegriffen werden oder Gewalt ausgesetzt sind“, so Sandra Kreuter. „Sie fühlen sich zum Teil nirgendwo sicher, können nicht mehr vor die Tür gehen.“

Am Alexius/Josef Krankenhaus stehen die Psychotraumatherapeuten den Patienten bei, therapieren und helfen dabei, das Erlebte zu verarbeiten. Dort werden Stabilisierungstechniken aufgezeigt, um wieder Kontrolle über das eigene Leben zu bekommen und um zu lernen, mit den schrecklichen Bildern umgehen zu können. Wenn es notwendig sein sollte, führen die Experten eine Trauma-Aufarbeitung durch. Ein zentraler Aspekt sei die Zeit: Die Hilfe müsse früh genug kommen – auch um eine Chronifizierung zu verhindern. Auf eine Psychotherapie warten Patienten oft monatelang. Anders sei es bei der Trauma-Ambulanz. Schilderungen von schlimmsten Erlebnissen lassen auch Therapeuten nicht kalt. „Wir bekommen beispielsweise auch Handyfotos von Unfällen gezeigt“, berichtet Sandra Kreuter. Fachleute sprechen dabei von „sekundärer Traumatisierung“. Aber als Therapeut lerne man belastendes Material wieder zu „verpacken“.

(NGZ)
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