Nach Schülerprotesten in Neuss Stadt rudert bei Abi-Paraden-Auflagen zurück

Neuss · Bürgermeister Reiner Breuer möchte Schulen, die nicht zu Neuss gehören, doch nicht von der Parade ausschließen - wenn der Veranstalter die Sicherheit gewährleistet. Aber für die Schüler wäre auch der Verzicht auf 3,5 Tonnen Fahrzeuge keine Option.

Abiparade Neuss 2017: Fotos der Parade der Abiturienten
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Neuss: Das war die Abi-Parade 2017

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Foto: Woitschützke, Andreas

Plötzliche Kehrtwende bei Bürgermeister Reiner Breuer! Wie die Stadt am Donnerstag mitteilte, sollen Schulen außerhalb von Neuss nun doch nicht von der Abi-Parade 2019 ausgeschlossen werden – zumindest, wenn der Veranstalter „Five Seasons“ die Sicherheit der Schüler gewährleistet.Hierzu sollen in der nächsten Woche weitere Gespräche mit dem Veranstalter und Vertretern der Schülerschaft geführt werden. Zu den Auflagen, die der Veranstalter erfüllen soll, gehört unter anderem der Verzicht auf Fahrzeuge über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht, was das traditionelle Mitwirken von Traktoren und Anhängern zwecks musikalischer Begleitung verhindern würde – auch wenn die Stadt betont, dass die Abi-Parade auch zukünftig mit musikalischer Beschallung durch die Kreisstadt ziehen kann.

Die Stadt hatte den ursprünglich geplanten Ausschluss noch am Mittwochabend unter anderem damit begründet, dass man „angesichts der Erkenntnisse aus dem vergangenen Jahr“ die Veranstaltung übersichtlicher halten wolle.Mit einer Online-Petition hatten sich Jugendliche von 24 Schulen aus dem gesamten Rhein-Kreis gegen neue Auflagen der Stadt Neuss für die Abi-Parade 2019 gewehrt. Mehr als 2100 wurden dort bereits gesammelt. (Stand: Donnerstag, 12.10 Uhr). Mit Erfolg!

Doch ist die Sicherheitslage bei der Abi-Parade tatsächlich angespannt? Wie die Polizei auf Nachfrage mitteilte, wurde in den vergangenen Jahren festgestellt, dass während der Abi-Parade in Neuss und zum Teil auch schon am Aufstellort Pyrotechnik abgebrannt wurde. Diese Situation habe nicht nur zu „einer erheblichen Beeinträchtigung der Sichtverhältnisse für die Einsatzkräfte geführt“, sondern bedeute aufgrund der großen Hitzentwicklung eine „unkalkulierbare Gefahr“ für die umstehenden Besucher und Teilnehmer, insbesondere da das Abbrennen in einer Menschenmenge erfolgt sei.

Die Polizei habe zu einem solchen Vorfall vom 23. März 2018 der Staatsanwaltschaft Düsseldorf eine Strafanzeige (Verdacht der versuchten gefährlichen Körperverletzung) vorgelegt. Hinweise darauf, dass durch das Abbrennen Menschen verletzt wurden, konnten jedoch nicht erlangt werden. Weitere Anzeigen wegen Körperverletzungsdelikten, die im direkten Zusammenhang mit dem Umzug beziehungsweise der Abi-Parade 2018 stehen, sind bei der Polizei nicht dokumentiert.

Allerdings konnte laut Polizei „gefährliches“ beziehungsweise „risikobehaftetes Verhalten“ der Teilnehmer in den Vorjahren beobachten werden. Diese Verhaltensweisen sei mit der Stadt Neuss und dem Veranstalter erörtert worden.

Ein großes Problem seien nach Angaben der Stadt die Security-Mitarbeiter gewesen, die ihren Job als Wagen-Begleiter „nur halbherzig“ erledigt hätten. So sei es möglich gewesen, dass Schüler während der Fahrt auf die Fahrzeuge klettern konnten, um zu tanzen. Christopher Diel vom Veranstalter „Five Seasons“ hatte diesen Vorwurf entschieden zurückgewiesen.

Er möchte nun die Gespräche mit der Stadt abwarten, betonte jedoch am Donnerstag, dass er Traktoren bei einer Parade nicht als Sicherheitsrisiko ansieht. „Es wäre äußerst schade, wenn nur noch Pkw mitfahren dürften“, so Diel.

So sehen das auch Mika Hadeler (19) vom Gymnasium Norf, Lea Seitz (17) und Jan Felix Neukirchen (18), die beide das Norbert-Gymnasium Knechtsteden besuchen. Die drei Mit-Initiatoren der Petition sind zwar froh, dass die Stadt schnell auf die Beschwerden aus der Schülerschaft reagiert hat, für sie ist das Verbot für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen aber keine Option. Das Problem: Die Planungen für das große Event laufen bereits seit Monaten. Verträge mit DJs sind bereits unterschrieben und auch ein Großteil des Equipments ist schon organisiert. „Es gibt Schulen, die extrem viel Geld in die Hand genommen haben“, sagt Lea Seitz. Die bestellte Technik sei jedoch ausgelegt für Traktoren mit großen Anhängern. Ein Umschwenken – etwa auf einen Pickup-Truck – sei kaum möglich.

Von den verschärften Auflagen erfuhren die Schülervertreter erst bei einem Treffen mit dem Veranstalter am 28. Januar. Schnell wurde der Kontakt zur Stadt gesucht. Am Dienstag wurde dann die Online-Petition gestartet. Aktuell setzen die Schüler ihre Hoffnungen in das Treffen mit der Stadt in der kommenden Woche. Die Beobachtungen gefährlicher Szenen an und auf den Wagen können die Schüler nicht teilen. „In den vergangenen Jahren ist nie etwas passiert“, sagt Mika Hadeler. Lea Seitz betont: „Uns geht es nicht darum, dass am Ende jemand als Sieger hervorgeht. Wir wollen eine konstruktive Lösung, mit der beide Seiten am Ende zufrieden sind.“

(jasi/ubg)
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