Porträt Der Schaf-Flüsterer liebt schwarze Schafe

Rheurdt · Uwe Girndt ist Schäfer mit Leib und Seele. Der Schaephuysener lässt 100 Schafe in Naturschutzgebieten weiden. Die Schaf-Felle verkauft er auf Festen und Märkten – viele fallen dieses Jahr wegen der Corona-Pandemie aus.

 Schäfer Uwe Girndt hat 100 Schafe im Naturschutzgebiet am Schwafheimer Meer stehen. Im Winter hält er die Schafe, die trächtig sind, auch auf seinem Pottbeckershof in Schaephuysen.

Schäfer Uwe Girndt hat 100 Schafe im Naturschutzgebiet am Schwafheimer Meer stehen. Im Winter hält er die Schafe, die trächtig sind, auch auf seinem Pottbeckershof in Schaephuysen.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Wenn Uwe Girndt zu seinen Schafen kommt, laufen sie auf ihn zu, so wie am Schwafheimer Meer. Er sieht, wie die Wiederkäuer sich auf den Weizen freuen, den er ihnen im Naturschutzgebiet zwischen Schwafheim, Rumeln-Kaldenhausen und Holderberg in die Tröge füllt.

Er hört, wie sie „Mäh, mäh“ blöken. „Weizen lieben sie als Abwechslung“, sagt der Tierwirtschaftsmeister. „Wenn die Schafe zu mir laufen, sehe ich, ob eines humpelt oder verletzt ist. Die Schafe erkennen das Motorengeräusch meines Autos wie meine Stimme. Schafe sind keine dummen Tiere, sondern intelligente. Sie merken sich zum Beispiel die Weide, auf der sie gestanden haben, wenn sie einmal kurze Zeit woanders waren. Wenn sie zurück sind, wissen sie genau, wo alles ist.“

Vor fast vier Jahrzehnten entdeckte er seine Liebe zu den wollgebenden Tieren, als er auf den Buschmannshof an der Littard zog, der in der Nähe des Samannshofs liegt. Die Schafe setzte er als Rasenmäher ein, um schnell seine Seelenverwandtschaft zu ihnen zu entdecken. „Schafe verbreiten Ruhe“, sagt der Schaephuysener mit ruhiger, fast flüsternder Stimme. „Sie brauchen Aufmerksamkeit. Sie sind genügsam, besonders die Skudden.“

Die Skudden sind eine Schafsrasse, die im Mittelalter rund um das baltische Meer verbreitet war, um bis 1900 von anderen Schafsrassen verdrängt zu werden und fast auszusterben. Nur wenige Schafe dieser Rasse überlebten im Tierpark Hellabrunn in München und im Leipziger Zoo. Erst mit dem extensiven Naturschutz der 1980er Jahre fanden sie wieder eine Nische, weil sie fast alles essen, auch Brennnesseln und Distel, wenn kein Gras mehr zu finden ist. Außerdem hat ihr Fleisch einen leichten Wildgeschmack und ist so bei Feinschmeckern beliebt.

Der Schaf-Flüsterer, wie der Schäfer manchmal genannt wird, hat 60 Skudden auf einer Weide direkt am Schwafheimer Meer stehen, außerdem jeweils 20 Schafe auf zwei Weiden in dessen Nähe, die eine Kreuzung zwischen Texel- und Milchschaf sind. Diese Weiden gehören dem Naturschutzbund Nabu. „Es ist eine extensive Weidewirtschaft“, erzählt Uwe Girndt. „Ich fahre im Sommer jeden Tag hin, um zu schauen und Wasser zu bringen. Im Winter komme ich alle zwei Tage. Da brauchen sie weniger Wasser.“

Im Winter hält er Schafe, die trächtig sind, auch auf seinem Pottbeckershof in Schaephuysen, der zwischen der Gartenstraße und der Tönisberger Straße liegt. „Dann kann ich bei der Geburt dabei sein“, berichtet der pensionierte Grabungstechniker, der bis 2014 für den Landschaftsband Rheinland aktiv war. Jedes Jahr trennt er sich von gut 100 Lämmern und einigen Schafen. Sie lässt er vom Rheurdter Heinz Appenzeller schlachten. „Die Lämmer haben 40 Kilogramm Lebendgewicht und 20 Kilogramm Schlachtgewicht“, erzählt der Schäfer. „Lammfleisch ist gefragt.“

So erhält er rund 100 Euro für ein Lamm. Die 30 bis 90 Cent, die er für ein Kilo Rohwolle bekommt, decken kaum die Kosten fürs Scheren, zumal Uwe Girndt viele schwarze Schafe hat, deren Wolle nicht gefragt ist. „Das ist seit Jahrhunderten so“, erzählt der Schaf-Flüsterer. „Deshalb haben Schäfer früher schwarze Schafe immer gesondert gestellt, damit sie sich nicht vermehren. Ich kreuze sie ein, weil ich schwarze Schafe gerne habe.“

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