Neukirchen-Vluyn SPD wird 100: Blick zurück in die Zukunft

Neukirchen-Vluyn · Sie schreiten Seit' an Seit' - die Sozialdemokratie und der Bergbau in Neukirchen-Vluyn. Die örtliche SPD feiert in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag. In einer Zeit der großen Verunsicherung geht der Blick zurück auf eine große Geschichte.

 Verteidigungsminister Peter Struck (l.) zu Gast.

Verteidigungsminister Peter Struck (l.) zu Gast.

Foto: spd neukirchen-vluyn

Es gab einmal eine Zeit, da passte kein Splitterchen Kohle zwischen die SPD Neukirchen-Vluyn und die Genossen auf Bundesebene. Müntefering, Struck, Steinmeier, dazu NRW-Landesmutter Hannelore Kraft - sie alle waren da, kamen gern und diskutierten leidenschaftlich. Alles vorbei! Nach 100 Jahren Parteigeschichte sind die Genossinnen und Genossen vor Ort in der innerparteilichen Opposition angekommen. "Wir waren gegen die Groko, denn wir werden als Sozialdemokraten wieder nicht unser Profil schärfen können", sagt Günter Zeller, der hiesige Fraktions-Vize. Seit mehr als 40 Jahren sitzt er für die SPD im Rat von Neukirchen-Vluyn - und schreibt nun wöchentlich Mahnbriefe an den Bundesvorstand nach Berlin: "Vergesst die Basis nicht!"

"Ich habe Andrea Nahles nicht gewählt", ergänzt SPD-Chefin Elke Buttkereit und schaut den Zuhörern gerade in die Augen. Wenn schon Parteierneuerung - dann richtig, und nicht mit dem alten Spitzenpersonal. Und auch der Spruch, die NRW-SPD müsse jünger und weiblicher werden, stößt Buttkereit eher sauer auf: "Das soll ich allen Ernstes einem Genossen sagen, der in diesem Jahr 90 wird, im nächsten Jahr seit 65 Jahren SPD-Mitglied ist und der rege mitdiskutiert und sehr klare Vorstellungen davon hat, dass die SPD wieder zu einer echten Arbeitnehmerpartei werden muss, um Wähler zurückzugewinnen?" Das eben ist die Krux, wenn der Blick zurück angenehmer erscheint als der voraus in die Zukunft.

 NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft kam vor Ort - hier neben dem damaligen SPD-Chef Rolf Heber.

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft kam vor Ort - hier neben dem damaligen SPD-Chef Rolf Heber.

Foto: Dieker Klaus

Bevor es zu melancholisch wird, lässt Elke Buttkereit Zahlen sprechen: Rund 200 SPD-Mitglieder gibt es in Neukirchen-Vluyn. In den zurückliegenden Wochen sind immerhin 20 neue Sozialdemokraten hinzugekommen. Der Frauenanteil liegt bei 27 Prozent; zum Jubeln zu wenig, aber die Quoten bei den innerparteilichen Wahlen werden seit langem erfüllt. Neulich musste erstmals eine Frau einem Mann den Platz überlassen.

 Bergarbeiterstreik: Die Geschichte der SPD in Neukirchen-Vluyn ist eng mit der Kohleförderung verbunden.

Bergarbeiterstreik: Die Geschichte der SPD in Neukirchen-Vluyn ist eng mit der Kohleförderung verbunden.

Foto: spd neukirchen-vluyn
 Frank-Walter Steinmeier machte als Bundesaußenminister einen Abstecher an den Niederrhein.

Frank-Walter Steinmeier machte als Bundesaußenminister einen Abstecher an den Niederrhein.

Foto: spd neukirchen-vluyn
 Der damalige SPD-Chef Franz Müntefering kam zu den Kumpeln der Zeche Niederberg auf die Bühne.

Der damalige SPD-Chef Franz Müntefering kam zu den Kumpeln der Zeche Niederberg auf die Bühne.

Foto: Archiv.

Nun soll 2018 das Kunststück gelingen, sich auf dem Fundament der eigenen Geschichte als Kraft der Zukunft zu präsentieren. Als Ferdinand Lenk, Reinhold Schrinner, Richard Kropp, Kurt Obst, Arno Fiedler und Erich Weißflog am 5. November 1918 die SPD Neukirchen-Vluyn gründeten, wurde mit Sozialisten und Kommunisten um den richtigen Weg gestritten. Heute steckt ein Bürger den Kopf zur Tür herein und beschwert sich über den stinkenden Müll an der Ecke. Die Partei ist die Kümmerin. Das werden Stadtwanderungen belegen, zu denen alle Bürger eingeladen sind. Am 18. Mai ab Denkmalplatz, am 13. Juli auf der ehemaligen Zeche, am 8. September ab dem Marktplatz. Am 2. Juni wird durch die Stadt geradelt und mit einem Festakt in der Kulturhalle am 4. November der Geburtstag gefeiert. Wer als Festredner kommt, ist offen. Ebenso wie die Idee davon, wo die Erneuerung die SPD führt. Klar aber ist: Die Genossen in Neukirchen-Vluyn wollen darüber mitbestimmen.

(RP)
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