Serie Alt werden auf dem Land Senioren-WG in Rheurdt verspricht Unabhängigkeit

RHEURDT · Heike Besel etabliert mit einer Senioren WG eine neue Wohnform in Rheurdt. Derzeit werden noch Mitbewohner gesucht.

 In der gemeinsamen Wohnküche wird nach dem Essen eine Partie „Mensch ärgere Dich nicht“ gespielt.

In der gemeinsamen Wohnküche wird nach dem Essen eine Partie „Mensch ärgere Dich nicht“ gespielt.

Foto: Arnulf Stoffel/Arnulf Stoffel (ast)

Das Herz der Villa Rheurdt ist die Wohnküche. Hier treffen sich die Bewohner zu ihren Mahlzeiten. Nach dem Frühstück spielen sie gerne Mensch-Ärger-Dich-Nicht oder Domino. Mittags essen sie dort das, was in der offenen Küche daneben von Hauswirtschafterin Marzena Sobolewska und Praktikant Jan Besel gekocht wurde. Wer möchte, hilft beim Vorbereiten und Abräumen. Für die Nachmittage lassen sie sich immer etwas Besonderes einfallen; derzeit: backen alle gemeinsam Plätzchen. Zur Kaffeezeit kommen Verwandte und Bekannte. Nach dem Abendessen sitzen sie im Kaminzimmer zusammen, das neben der Wohnküche liegt, um Fernsehen zu sehen oder ein Märchen vorgelesen zu bekommen.

In der Villa Rheurdt, die an der Bahnstraße steht, herrscht seit dem 8. Dezember wieder Leben. Drei Frauen sind dort eingezogen, um die erste Senioren-Wohngemeinschaft in Rheurdt zu bilden. Für Januar und Februar stehen die nächsten Einzüge an. Zur Wohngemeinschaft gehört auch Cara, eine belgische Schäferhündin. Die Bewohnerinnen der Wohngemeinschaft kommen aus der näheren Umgebung von Rheurdt. „Aus gesundheitlichen Gründen, zu denen auch Demenz zählt, konnten sie nicht mehr in ihren eigenen Wohnungen oder Häusern wohnen“, erzählt Heike Besel, die Koordinatorin dieser Wohngemeinschaft. „Die familiäre Atmosphäre hat allen Bewohnern schon bei der Besichtigung sehr gut gefallen. Alle möchten hier gerne ihren letzten Lebensabschnitt verbringen.“

Sie hatte die Idee dazu, die Villa zu erwerben und seniorengerecht umzubauen. Unter anderem ließ sie ebenerdige Duschen einbauen, über einem ehemaligen Swimmingpool zwei Zimmer errichten und bestellte einen Treppenlift, der im Frühjahr installiert werden soll. „Die WG ist mein Baby“, sagt die Kalkarerin. „Sie ist eine neue Wohnform und schließt eine Lücke. Hier können Senioren ihr Leben weiterleben und sind nicht mehr isoliert.“

Die Villa Rheurdt ist ein großes Haus mit 330 Quadratmetern Wohnfläche. Dazu gehört ein großer Garten, den die Bewohner ab dem Frühjahr neu gestalten werden. Alle Bewohner haben eigene Zimmer, wobei die Villa auch zwei Doppelzimmer für Ehepaare bietet. Diese Zimmer können sie nach ihren eigenen Vorstellungen einrichten. Haustiere dürfen die Bewohner mitbringen. Im Unterschied zu anderen Senioren-Wohngemeinschaften, die es unter anderem in Moers und Neukirchen-Vluyn gibt, wird die Gemeinschaft nicht von einer Wohnungsbaugesellschaft oder einem Pflegedienst betrieben, sondern die Senioren organisieren sich selbst als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, GbR. Hierzu leistet Heike Besel als Koordinatorin Hilfestellung. Eine von der WG benannte Präsenzkraft vertritt die Interessen der Bewohner.

„Oft isolieren sich Senioren, trauen sich nicht mehr alleine vor die Tür, weil sie sich unsicher fühlen“, nennt die Koordinatorin einen sozialen Vorteil der neuen Wohnform. „In einer kleinen Familienwohngemeinschaft fühlen sie sich mutiger, gehen gemeinsam vor die Tür. Damit gewinnen sie an Lebensqualität.“ Sie sieht die Anzahl der Senioren-Wohngemeinschaften wachsen: „Für viele sind sie eine Alternative, die sicher mehr Anhänger finden wird.“

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