Gemeinsam stark Im Gesang vereint: Rheurdter trotzen Corona

Rheurdt · Corona greift auch in das Leben gewachsener Dorfgemeinschaften ein. Beispiel Rheurdt: Die Anwohner der Hauptstraße treffen sich regelmäßig, um mit Gesang dem Virus die Stirn zu bieten.

 Eine Mitte März geborene Idee wird zur geschätzten Regel: Die Bewohner der Hauptstraße singen, was das Liederblatt hergibt.

Eine Mitte März geborene Idee wird zur geschätzten Regel: Die Bewohner der Hauptstraße singen, was das Liederblatt hergibt.

Foto: Norbert Prümen (nop)

In Höhe der Schaephuysener Domplatte, tiefblauer Abendhimmel liegt über dem Ort. Die Nachbarschaft „Hauptstraße 1“ schmettert bekannte Lieder und Hits. Corona zum Trotz und für die dörfliche Gemeinschaft. Ohrwürmer wie „17 Jahr, blondes Haar“ sind zu hören, wenngleich die Sängerinnen und Sänger längst jenseits des Jugendalters sind. „Ein bisschen Frieden“ kommt auch gut. Traditionelles erklingt mit dem „Steigerlied“ oder mit „Kein schöner Land“.

Mehr als 20 sangesfreudige Menschen treffen sich jeden Tag um 19 Uhr vor ihren Häusern in entsprechendem Abstand und singen, was das Liedblatt hergibt. Zwischendrin folgt ein motivierendes, mundartliches „Gute Nachbarschaft“, das in der Corona-Krise noch mehr zusammenschweißt. Mit Beginn der Krise nahm das gemeinsame Singen seinen Lauf und ist heute eine liebgewordene Beschäftigung.

Vorausgegangen war ein Aufruf am 22. März um 18 Uhr, gemeinsam zu musizieren. „Viele der Nachbarn sind in Chören, so dass das gemeinsame Singen als spontane Idee geboren wurde“, erzählt Agnes Teilmans, stellvertretende Bürgermeisterin des Ortes. Und das seit jetzt mehr als vier Wochen. Unterstützung kommt vom Verstärker, Stimmung von ganz alleine. „Gerade für unsere älteren Nachbarn ist das Singen vor der eigenen Tür ein wichtiger Termin. Sie gehören zur Risikogruppe und gehen nicht aus dem Haus. Aber das Singen am Abend ist ein fester Termin für sie.

Es ist ja derzeit der einzige Termin“, sagt Agnes Teilmans. Der soziale Aspekt ist neben dem gemeinsamen Erlebnis wichtig. „Wir stärken uns so untereinander, teilen unsere Sorgen zu Corona-Zeiten. Man sieht die Nachbarn, kann fragen, ob etwas gebraucht wird oder wie die Gemütslage ist.“ Für ein Feierabendbier nach dem Singen bleibt in vorgeschriebenem Abstand dann selbstverständlich auch noch Zeit. Punkt 19.30 Uhr läuten dann solidarisch die Kirchenglocken und laden zum „Gottesdienst“ in den eigenen vier Wänden ein.

Und noch etwas stärkt die Gemeinschaft, nämlich die entlaufenen „Rheurdt-Rocks“. Das sind kleine, mit lustigen Motiven bemalte Steine. Sie liegen einfach so rum, auf Fensterbänken, in Eingängen und sorgen so ganz nebenbei für Finderehrgeiz. Die Steinmalereien sorgen mit Bildern und Aufmunterungen wie „Bleib gesund“ oder „Gemeinsam gegen Corona“ für ein Schmunzeln und somit für eine Portion gute Laune.

Über die Facebook-Gruppe „Du bist Rheurdter, wenn...“ posten die glücklichen Finder ihren Schatz, den sie dann erneut auslegen. Manchmal ergibt sich auf diese Weise der Kontakt zum Steinkünstler. Am Pfarrheim in Schaephuysen haben die Steine eine zwischenzeitliche Sammelstelle gefunden und formieren sich zur Steinschlange. Vielleicht stoßen sie irgendwann zur nächstgrößeren Formation, den Niederrhein-Rocks.

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