Artenschutz in Rheurdt Wanderung durch die Welt der Kräuter

Rheurdt · Kräuterpädagogin Marietta Iantorno öffnete bei einem Spaziergang in Rheudt und Neukirchen-Vluyn den Blick für vermeintliches Unkraut, das aber teils gesund und lecker ist. Für die Mitwanderer war es eine Entdeckungsreise.

 Augen auf, hieß es bei der Kräuterwanderung mit Marietta Iantorno, die der Verein für Artenvielfalt Schaephuysen anbot.

Augen auf, hieß es bei der Kräuterwanderung mit Marietta Iantorno, die der Verein für Artenvielfalt Schaephuysen anbot.

Foto: Norbert Prümen

Vorsichtig streicht Marietta Iantorno über die Samen einer Brennnessel. Die Kräuterpädagogin erzählt in Vluynbusch, wie sie die Brennnessel auf ein Betttuch legt, wie die Samen herunterfallen, die wertvolles Öl enthalten. Sie berichtet, wie sie im Frühjahr aus jungen Brennnesselblättern Salat oder Suppe herstellt. „Brennnesseln sind Powerfood“, erklärt die 45 Jahre alte Dürenerin, die in Rheurdt ein Wochenendhaus hat. „Sie enthalten viel Eiweiß, mehr Vitamin C als eine Orange und viele Mineralstoffe, wie Magnesium und Kalzium.“

Marietta Iantorno will Menschen einen anderen Blickwinkel für Wildkräutern eröffnen, um so das manchmal angeschlagene Image dieser Pflanzen zu ändern. Deshalb lädt sie zu Kräuterwanderungen ein, wie am zweiten und am dritten Sonntag im August zusammen mit dem Verein für Artenvielfalt Schaephuysen, dessen Mitglied sie ist. Als Erzieherin im offenen Ganztag einer Schule setzt sie auf das Staunen, das bei den meisten Menschen besonders groß ist, wenn sie hören, welche wunderbaren Eigenschaften alltägliche Dinge haben, von denen sie noch nichts gehört haben.

Sie erfahren zum Beispiel, welches beliebte Futtermittel Brennnesseln für Raupen von 50 Schmetterlingsarten sind, wie Tagpfauenaugen oder Brennnessel-Zünslereule. Dazu können Brennnesseln auch ein Lebensmittel für Menschen sein. Sie lernen, wie im Frühjahr das Blatt des Aronstabes eine Kesselfalle bildet, der an einen Trichter erinnert. Insekten fallen hinein und bleiben kleben, um später wieder hinaus zu krabbeln, wenn die Befruchtung vollbracht ist.

Die Kräuterwanderer lernen auch, Pflanzen zu unterschieden, um ungiftige zu erkennen, wie den Giersch, dessen Blattspreite doppelt dreizählig sind. „Er bildet Rhizome und ist in Gärten ungern gesehen“, wirbt die Kräuterpädagogin dafür, dieses Wildkraut wieder in die Küchen zurückkehren zu lassen. „Junge Blätter enthalten sehr viel Vitamin C. Daraus lässt sich ein wunderbares Pesto oder ein Spinat herstellen.“

Die Wanderer probieren auch immer wieder mal Pflanzenteile, zum Beispiel Blätter der Knoblauchrauke, die nach Pfeffer schmeckt. Und sie erfahren von mystischen Erzählungen, unter anderem von Frau Holle und guten Waldgeistern, die sich unter dem Holunder aufhalten sollen.

Zweieinhalb Stunden dauern die Kräuterwanderungen, die am Hof „Zur lachenden Ziege“ am Littardweg beginnen. „Wir haben eine kleine Warteliste“, sagt Frank Hoffmann, Vorsitzender des Vereins für Artenvielfalt. Deshalb plant der Verein, zusammen mit Marietta Iantornmo weitere Wanderungen anzubieten, allerdings nicht mehr im Herbst 2022, sondern erst im Frühjahr 2023. „Im Frühjahr sind mehr Kräuter zu sehen“, sagt die Kräuterpädagogin. „Dazu war es in diesem Sommer sehr trocken. Das ist für die Vegetation ungünstig, wie nicht nur die Kräuter zeigen, sondern auch die Bäume. Sie verlieren einen Monat früher als sonst ihr Laub.“

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