Volkstrauertag in Rheurdt „Es wird weiter gebombt und getötet“

Rheurdt  · Am Volkstrauertag gedachten Menschen in vielen Städten und Gemeinden mit Kranzniederlegungen der Opfer von Krieg und Gewalt. In Schaephuysen fand eine Kranzniederlegung an der Hubertuskirche statt.

Bürgermeister Dirk Ketelaers (am Mikrofon) bei seiner Ansprache zum Volkstrauertag.

Bürgermeister Dirk Ketelaers (am Mikrofon) bei seiner Ansprache zum Volkstrauertag.

Foto: Norbert Prümen

Nach dem Sonntagsgottesdienst legte die Gemeinde Rheurdt vor der St. Hubertuskirche in Schaephuysen einen Kranz nieder. Bürgerschaft, Vereinsvertreter und die Freiwillige Feuerwehr gedachten gemeinsam der Toten. Der Marine-Spielmannszug begleitete musikalisch mit dem Männergesangsverein Cäcilia die Gedenkfeier.

Pastor Norbert Derrix eröffnete mit einer Erzählung aus dem familiären Kreis die Feierlichkeit. Für „Volk und Vaterland“ sei damals der Sohn eines Opas bei Stalingrad gefallen. „Geblieben ist meinem Opa nur ein Bild mit einem Kreuz“, so Derrix. „Andere haben nicht mal das und keine Zeichen, wo die letzte Ruhestätte sein könnte.“ Er appellierte an die guten Kräfte, Widerstand bei denjenigen zu leisten, die Krieg, Gewalt und Tod beschwören. Dieser Widerstand gebe Rückgrat, Zusammenhalt und Perspektive.

Bürgermeister Dirk Ketelaers erinnerte an die Entstehung des Volkstrauertags. Eine Initiative, die von den Familien ausging, die keine Toten zu beklagen hatten. 1922 hielt Reichstagspräsident Paul Löbe eine international beachtete Rede. Er rief zum gemeinsamen Trauern um die Kriegstoten und Vermissten des Ersten Weltkrieges auf, bat um Verständigung und Versöhnung. „Die Nazis machten aus dem Volkstrauertag einen Heldengedenktag“, so Ketelaers. Erst 1950 habe der Volkstrauertag seine ursprüngliche Bedeutung zurückbekommen.

2,7 Millionen Tote liegen auf den 832 Kriegsgräberstätten in 46 Staaten in Europa und Nordafrika. Rund eine Million Mitglieder und Förderer hat die Deutsche Kriegsgräberfürsorge sowie die Unterstützung der Bundesregierung. Gemeinsames Ziel: Bergung weiterer Kriegstoter und Überführung zur letzten Ruhestätte. 76 Jahre sind seit Kriegsende vergangen. Bis zu drei Generationen seien ab 1950 vom Krieg verschont geblieben. „Aber die Welt ist nicht frei von Krieg. Es wird weiter gebombt und getötet“, so Ketelaers. Er nannte an den Krieg in Jugoslawien (1991 bis 2001). Betroffen seien viele Freunden, Nachbarn, deren ursprüngliche Heimat Jugoslawien war, sowie deutsche Soldaten.

Von einer friedvoller Zeit sei der europäische Raum weit entfernt. Terroristische Anschläge in Frankreich und Deutschland „sind Kriege vor der Haustür“, sagte der Bürgermeister. Flüchtlinge kämen heute aus Bürgerkriegsgebieten, aus Syrien oder Ruanda. Brutales Vorgehen bestätigte Dirk Ketelaers den Staaten.

Eine Art von Krieg führten auch China, Russland, die Türkei und Belarus und setzten Willkür, Gewalt und Folter ein. „Menschen sterben durch Dritte“, so der Bürgermeister. Schrecklich sei die Tatsache, dass heute Gewalt und Tod zum Leben zählten. Die Aufgabe von Politik und demokratischen Staatengemeinschaften sei, durch Kommunikation in Krisenregionen präventiv zu agieren. Einen Kompromiss für die gegnerischen Seiten sei der Weg zur Freiheit und dem respektvollen Umgang miteinander.

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