Pfarrer Stefan Maser übernimmt Rheurdt und Sevelen „Ehrenamtler sind für eine Gemeinde unverzichtbar“

Rheurdt · Pfarrer Stefan Maser ist nach der Pensionierung von Jürgen Kunellis auch zuständig für Rheurdt und Sevelen. Er sagt: „Ich habe Luft und Lust für diese neue Aufgabe.“

 Pfarrer Stefan Maser ist jetzt auch für Rheurdt und Sevelen zuständig.

Pfarrer Stefan Maser ist jetzt auch für Rheurdt und Sevelen zuständig.

Foto: Dirk Neubauer

Stefan Maser sitzt vor einem Bild des Physikers Stephen Hawking, der vor einem Poster von Marilyn Monroe sitzt. Hier am Schreibtisch, mit Blick nach draußen auf die Dorfstraße von Hoerstgen, entstehen Predigten und Gottesdienste. Jedes Klingeln kann im Moment einen Einsatz bedeuten – denn Pfarrer Stefan Maser hat Bereitschaft in der Notfallseelsorge. Mit 58 ändert der evangelische Geistliche noch einmal seinen Wirkungskreis. Die Krankenhausseelsorge am St. Bernard-Hospital in Kamp-Lintfort hat er abgegeben und zwei Dörfer hinzugewonnen: Stefan Maser ist ab sofort allein zuständig für die 2900 Protestanten in Hoerstgen, Sevelen und Rheurdt. Sein Kollege Jürgen Kunellis wechselte in den Ruhestand.

„Ich habe Luft und Lust für die neue Aufgabe“, sagt Stefan Maser eher frohgemut. Was bislang zwei Pfarrer erledigten, schultert nun einer, den die Gläubigen bereits seit Jahren kennen. Maser tut alles dafür, dass die neue Konstellation nicht als Verlust und gar als Rückschritt wahrgenommen wird. „Sehen sie, sowohl Jürgen Kunellis als auch ich – wir hatten unsere Sonderaufgaben. Dadurch verliert die Gemeinde an Stunden gar nicht so viel.“ Denn von nun an kümmere er sich in Vollzeit um alle drei Dörfer; seine Sonderaufgaben habe er eben deshalb abgegeben.

In Rheurdt und Sevelen allerdings wird es nicht mehr an jedem Sonntag einen Gottesdienst geben. Nach dem obligatorischen Termin um 9.15 Uhr in Hoerstgen wird Maser abwechselnd in Sevelen und Rheurdt zum Gottesdienst läuten lassen. „Ältere Gläubige sind stärker ortsgebunden als junge Familien“, hat er festgestellt. Auch jetzt bekomme er besorgte Fragen vor allem von den Älteren. Junge Familien erkundigten sich, an welchem Tag es um wie viel Uhr wo ein Angebot gebe: „Die sind es gewohnt, für alles ins Auto zu springen.“ Die Kinder zur Schule bringen, zum Sport, zu Freunden, einkaufen – nichts ist mal eben ums Eck. Nun gehört die evangelische Kirche zu diesem Reisezirkel.

Jetzt will Maser seine Antrittsrunde machen. „Denn so eine Gemeinde funktioniert nur, weil sich viele, viele Menschen ehrenamtlich einsetzen. Sie sind für die Gemeinde unverzichtbar“, sagt Pfarrer Maser. Und die will er möglichst rasch und möglichst alle treffen. Seine wichtigste Frage werde sein: „Was braucht ihr?“ Wenn er an die drei Dörfer seiner Gemeinde denkt, wird ihm nicht Angst und Bange. „Hier herrscht eine große Klarheit unter den Menschen und eine enorme Bereitschaft, mitzutun.“

Hoerstgen hat mit der alten Dorfkirche und ihrer historischen Orgel einen Schwerpunkt in der Musik. In Rheurdt ist die Jugendarbeit ein Pfund, mit dem die Evangelischen wuchern könne und in Sevelen liege der Akzent auf der Erwachsenenbildung. Ein reiches Gemeindeleben sei das – mit vielen engagierten Menschen: „In der evangelischen Kirche kommen nur drei Prozent regelmäßig in den Gottesdienst, viel mehr in die Gemeindehäuser.“

Die freundliche Grundstimmung beim Vater von fünf Kindern schlägt nur an einer Stelle des Gesprächs ins Entschlossene um: Als es um die Rechtsextremen geht, die versuchen, sich in Hoerstgen breit zu machen. Nachbarn fühlen sich bedroht. „Hier habe ich eine klare Haltung“, sagt Maser. Man dürfe weder wegsehen, noch schweigen. Und dann erzählt er von alten Gemeindemitgliedern in Hoerstgen, denen ihre Unentschlossenheit in der Nazizeit ein Leben lang auf der Seele gelegen habe. „Jenny Gompertz hatte damals hier an der Dorfstraße einen Kurzwarenladen und wurde von den Nationalsozialisten erst ins das sogenannte Judenhaus gebracht – und später ins KZ.“ Als Tante Jenny den Kindern damals zuwinkte, trauten diese sich nicht, zurückzuwinken. Erst später wurde ihnen klar: Es war das letzte Mal, dass sie Jenny Gompertz gesehen hatten. „Solche Sprachlosigkeit und Angst soll uns nie wieder passieren“, sagt Stefan Maser.

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