Neukirchen-Vluyn Niederberg-Siedler fühlen sich getäuscht

Neukirchen-Vluyn · Bei der Vorstellung des Einzelhandelsgutachtens war die Frage eines Nahversorgers für das neue Wohngebiet ein großes Thema.

Die Beteiligten auf dem Podium hatten wohl damit gerechnet: Bei der gestrigen Bürgerinformation zum neuen Einzelhandelsgutachten im Sport- und Freizeitpark Klingerhuf gab es eine rege Diskussion über einen Nahversorger für das neue Wohngebiet Niederberg. Mehrere Bürger, die auf dem Gelände der RAG Montan Immobilien gebaut haben, drückten ihre Enttäuschung darüber aus, dass der große Markt in unmittelbarer Nachbarschaft, auf den sie gehofft hatten, möglicherweise nicht kommen wird. Denn zum einen warnt das Gutachten vor einem zu großen Nahversorger - er könne den Zentren von Vluyn und Neukirchen Kunden abspenstig machen. Und zum anderen möchten die meisten Fraktionen im Rat keinen großen Markt in der Größe von etwa 1200 Quadratmetern, wie es den Anwohnern vorschwebt.

Die Gutachter kommen zu dem Schluss, dass ein solcher Markt nicht größer als 900 Quadratmeter werden darf, ansonsten träten die genannten negativen Folgen ein. Das Problem: Einen Investor, der einen solche vergleichsbaren kleinen Nahversorger errichtet, wird man nur schwer finden können.

Stefan Kruse, einer der Geschäftsführer des federführenden Gutachterbüros Junker & Kruse, hatte zu Beginn betont, dass das Konzept kein Mittel ist, um Wettbewerb zu verhindern. "Es gibt keinem Geschäftsmann die Möglichkeit, gegen eine weitere Ansiedlung zu klagen." Doch viele Bürger auf Niederberg sind überzeugt, dass es gerade die Absicht der ansässigen Händler in den Ortszentren ist, unliebsamen Wettbewerb zu verhindern - und so den Neubürgern ihren Markt vorzuenthalten. Theodor Schulte, einer der Niederberg-Siedler, erklärte: "Wir sind im Moment stinkig." Unschöne Aussagen aus der Politik gäben den neuen Bürgern das Gefühl "nicht willkommen" zu sein. Offensichtlich zeige die Lobby-Arbeit der Geschäftsleute Erfolg. Schulte betonte, die Niederberger wollten nicht, dass Stadtteile gegeneinander ausgespielt würden - in diesem Fall das eigene Viertel gegen den Neukirchener Süden, wo die Schließung des Edekas an der Ernst-Moritz-Arndt-Straße ebenfalls zur Forderung nach einem neuen Markt geführt hat. Timo Glantschnig, ehemaliger SPD-Ratsherr und Neu-Niederberger, gab zu bedenken, dass es dort immerhin noch einen Netto-Markt gebe. Glantschnig hält die Sorge vor einem neuen großen Markt für übertrieben. "In Moers-Utfort und in Krefeld sind neue, gewaltige Edeka-Standorte geplant", sagte er. Neukirchen-Vluyn könne an den Rand gedrückt werden.

Eine Niederbürg-Bürgerin erklärte,sie fühle sich durch die RAG "belogen", weil sie und andere Siedler mit dem Versprechen eines großen, benachbarten Marktes gelockt worden seien. Bürgermeister Harald Lenßen (CDU), der die Diskussion moderierte, versicherte dass auf jeden Fall Einzelhandel auf Niederberg entstehen werde. Das letzte Wort über die Größenverhältnisse dieses Marktes wird freilich die Politik haben.

(s-g)
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