Stadtspitze reagiert auf Kritik „Wir waren nie Gegner der Niederrheinbahn“

Neukirchen-Vluyn · Bürgermeister Harald Lenßen und der Technische Beigeordnete Ulrich Geilmann wollen das schwierige Projekt voranbringen.

 Bürgermeister Harald Lenßen (rechts) und der Technische Beigeordnete Ulrich Geilmann auf den Gleisen, die direkt am Rathaus vorbeiführen.

Bürgermeister Harald Lenßen (rechts) und der Technische Beigeordnete Ulrich Geilmann auf den Gleisen, die direkt am Rathaus vorbeiführen.

Foto: pogo

Neidische Blicke gehen nach Kamp-Lintfort: Dort schreitet die Reaktivierung der Niederrheinbahn voran. Schon zur Landesgartenschau soll es einen Pendelverkehr am Wochenende geben. Und Neukirchen-Vluyn? Von einer erneuten Nutzung des Schienenstrang zwischen Vluyn und Moers für den Personenverkehr ist seit Jahren die Rede. Ob dies gelingt und wann, weiß man nicht. Die Stadtverwaltung musste sich jüngst Vorwürfe gefallen lassen, sie stehe bei diesem Thema auf der Bremse. Dem treten Bürgermeister Harald Lenßen und der Technische Beigeordnete Ulrich Geilmann entgegen. Am Donnerstag zeigten sie sich vor Pressevertretern „irritiert“. „Wir waren nie Gegner der Niederrheinbahn“, sagte Lenßen. Wohl aber habe man sie wegen der immensen Kosten für nicht wirtschaftlich gehalten. Die Stadt dürfe nicht auf den Kosten sitzen bleiben, sagte Lenßen. Sonst könne man das Ziel vergessen, im Jahr 2024 aus dem Haushaltssicherungskonzept „raus“ zu sein. „Aber wenn das Land die Niederrheinbahn will – was ich gut fände – dann sind wir dabei.“

NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst habe 2018 in Moers Landesmittel zur Reaktivierung alter Bahnlinien in Aussicht gestellt. Das habe die Diskussion in Neukirchen-Vluyn neu befeuert, sagten Geilmann und Lenßen. Im Oktober 2018 habe die SPD-Fraktion beantragt, eine altes Gutachten zu aktualisieren. Die neue Machbarkeitsstudie liegt seit dem 20. Januar 2020 in gedruckter Form vor. Kurz später sei sie der Politik vorgelegt worden. Vorhaltungen, warum die Stadtverwaltung den hilfsbereiten aber angeblich im Unwissen gelassenen Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR ) nicht schon vorher über die Studie informiert habe, zielten ins Leere. Es habe vorher (seit November 2019) nur einen vorläufigen Zwischenbericht zur Studie gegeben, zudem hätten noch die politischen Beschlüsse gefehlt. Und: Der VRR sei einbezogen gewesen. Die Stadt habe dort im Vorfeld Know-how (in Form eines Leistungsverzeichnisses) für die Ausschreibung der Machbarkeitsstudie eingeholt. „Es gab keine Vereinbarung, dass wird den VRR auf dem Laufenden halten“, sagte Lenßen. „Es hat auch keiner von dort angefragt: Wie ist der Stand der Dinge?“

Geilmann und Lenßen betonten, dass alle „Träger öffentlicher Belange“, wie Kreis, Nachbarkommunen, Niag oder VRR der Reaktivierung des Schienenstrangs zwischen Vluyn und Moers bisher reserviert gegenübergestanden hätten. „Ich hatte den Eindruck, es gebe kein Interesse aus Moers“, sagte Lenßen. Der VRR und die Niag hätten sich nicht als „Planungsträger“ gesehen, so Geilmann, sie hätten aber zugesagt, die Neukirchen-Vluyner beratend zu unterstützen.

Zurzeit bahnt Lenßen erneute Gespräche mit allen Beteiligten an. Dazu hat er einen politischen Auftrag der Neukirchen-Vluyner Fraktionen. Sie möchten die Reaktivierung der Niederrheinbahn weiter verfolgen. Ohne Unterstützung zum Beispiel aus Moers werde dies aber schwer möglich sein, sagten Lenßen und Geilmann. So gebe es auf Moerser Gebiet planerische Probleme, zum Beispiel weil ein Gelände der Firma Vossloh über ein Brückenbauwerk umfahren werden müsse.

Wie berichtet, will die Stadt Neukirchen-Vluyn zudem ein weiteres Gutachten in Form eines „standardisierten Verfahrens“ ausschreiben. Das sei wegen der hohen Kosten notwendig, die (je nach Variante) mit der Wiederbelebung der Bahnlinie verbunden wären. Um bis zu 45 Millionen Euro soll es gehen, will man die Strecke an das DB-Netz anschließen und eine direkte Verbindung bis zum Duisburger Bahnhof herstellen. Diese „große Lösung“ ist das Ziel. Als preisgünstigere und schneller umsetzbare Minimallösung ist auch ein „Bummelzug“ denkbar, der im 60-Minuten-Takt zwischen Vluyn und Moers pendelt. Lenßen: „Das bringt aber keinen Mehrwert für die Nutzer.“ Das neue Gutachten werde einen sechsstelligen Eurobetrag kosten. Die Stadt müsse dabei in Vorleistung gehen. Eventuell erhalte sie das Geld aber im Rahmen einer späteren Landesförderung erstattet.

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