Unsere Woche Wie Bürger das scheinbar Unabänderliche verändern

Neukirchen-Vluyn · Liebe Leserinnen und Leser, ich wollte Sie kurz warnen. Denn ich habe mir in dieser Woche fest vorgenommen, ganz bestimmten Plattitüden entschieden zu widersprechen. Und zwar immer und überall. Diese fauligen Sätze sind: „Die da oben machen ja doch, was sie wollen!

Neukirchen-Vluyn: Wie Bürger das scheinbar Unabänderliche verändern
Foto: Dirk Neubauer

“, „Die Eliten hören nicht auf uns kleine Leute.“ „Es bringt ja nichts, sich dafür einzusetzen.“ Von nun an halte ich dagegen. Das bin ich 36 Einwohnern aus Neukirchen-Vluyn schuldig und den Bürgern in Schaephuysen. Erstere rangen an einem Mittwochabend im Dezember – draußen war es dunkel und nasskalt – mit großem Einsatz um das Mobilitätskonzept für Neukirchen-Vluyn. Wie werden Pendler bewegt? Und Rentner? Und Schüler? Was brauchen Unternehmer?

Rasch wurde klar: Bislang hat sich Stadtplanung nur um Autos gekümmert und vielleicht ein bisschen um Fahrräder und Nahverkehr. Doch statt jetzt die ätzenden drei Sätze zu rufen, tüftelten, knobelten, diskutierten die Teilnehmer beim Workshop im Rathaus solange, bis echte Alternativen an der Pinnwand hingen. Eine exklusive Busspur auf der Autobahn A57 beispielsweise. Aber auch die dringende Aufforderung an jeden Einzelnen, sich gesündere, klimaschonende und dabei auch noch günstigere Alternativen für die eigene Mobilität zu überlegen und nicht für die nächsten 1,5 Kilometer schnell wieder ins Auto zu springen.

Zweites Beispiel: Schaephuysen. Vor einigen Jahren war da eine Stimmung zum „die Rollladen runterlassen“. Die Grundschule zog weg, Volksbank und Sparkasse schlossen ihre Filialen, Läden machten dicht – das Dorf drohte, zu veröden. Auch da hat niemand die drei Floskeln gemurmelt. Sondern viele Nachbarn krempelten die Ärmel hoch und brachten Schaephuysen wieder nach vorn.

Die Goldmedaille im Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ mag belächelt werden, aber geschenkt gab es sie nicht. Nächsten Dienstag überlegen die Schaephuysener, wie es weitergeht – und haben sich den Bürgermeister dazu eingeladen. Die Beispiel zeigen: konstruktives bürgerschaftliches Engagement braucht Mut und Einsatz – aber versetzt Berge. Schulterzucken gilt nicht mehr, Klagen auf die Politik, die Wirtschaft, die Verhältnisse – auch nicht. Stattdessen: Den Hintern hoch und die Zähne auseinander!

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