Neukirchen-Vluyn Es fährt ein Zug nach nirgendwo

Neukirchen-Vluyn · In der Politik ist die Bahntrasse Vluyn-Neukirchen-Moers sehr präsent. Vor allem die SPD Neukirchen-Vluyn wünscht eine Niederrheinbahn für Pendler. Verkehrsexperten haben den Gedanken als zu teuer aufs Abstellgleis geschoben.

 Derzeit dient die Bahntrasse nach Neukirchen-Vluyn als Abstellgleis für nicht genutzte Güterwaggons.

Derzeit dient die Bahntrasse nach Neukirchen-Vluyn als Abstellgleis für nicht genutzte Güterwaggons.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

In politischen Diskussionen unter Volldampf, im wahren Leben nicht mehr als ein totes Gleis: Auf dem Schienenstrang von Moers über Neukirchen nach Vluyn prallen Wunsch und Wirklichkeit ungepuffert aufeinander. Still rosten zahlreiche ungenutzte Güterwaggons vor sich hin. Die Niag Logistik hat den Zug der Zeit im Westen von Moers ausrollen lassen, weil sich sonst nirgendwo ein Platz dafür fand. Bozo Bjelopera von der Niag Logistik hofft, „dass spätestens im Herbst diese Waggons wieder gebraucht werden.“

Stillstand ist das Einzige, was sich auf der alten Kohlelinie bewegt. Neukirchen-Vluyns Bürgermeister Harald Lenßen beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Idee, aus der seit dem Ende des Bergbaus ungenutzten Bahntrasse einen Ast der Niederrheinbahn zu machen. Er glaubt nicht mehr an eine positive Weichenstellung. „Es fehlt uns einfach ganz einfach der Anschluss an das Schienennetz der Deutschen Bahn.“

Bereits Ende der 1990er Jahre wurde ein zweistelliger Millionenbetrag für diese notwendige Brücke ausgerufen. Damals noch in D-Mark. Mittlerweile liegen grobe Schätzungen allein für die Anschlusskosten bei elf Millionen Euro. Zudem hat Vossloh auf Moerser Terrain eine Gewerbehalle exakt dort platziert, wo der Anschluss in Hochlage passieren sollte. Bürgermeister Lenßen sieht das so: „Technisch wäre ein solcher Anschluss machbar, aber die Kosten will niemand übernehmen.“

Zuletzt habe er Anfang 2018 mit den Nachbarstädten und Vertretern des Kreises Wesel zusammengesessen, um über eine Pendlerbahn zu sprechen. „Da hat sich niemand mit Enthusiasmus für dieses Projekt eingesetzt.“ Zumal nach hohen Startinvestitionen jährlich der Verlust einer solchen Niederrheinbahn aus der Stadtkasse ausgeglichen werden müsste. „Selbst wenn wir nicht unter Haushaltsaufsicht ständen, wäre das nicht machbar“, sagt Lenßen.

Die Sache mit dem Geisterzug wäre längst ausdiskutiert, wenn nicht der Bürgermeister-Kollege aus Kamp-Lintfort seinen Gleisanschluss an Moers für 2020 auf die Schiene gesetzt hätte. Aber Christoph Landscheidt konnte eine Hochschule und  eine Landesgartenschau vorweisen und einen Übergang ins DB-Netz hat Kamp-Lintfort auch. All das machte reichlich Landes- und Bundesmittel locker.

„Wir von der SPD haben den Gedanken an einen Personennahverkehr auf der Schiene zur Entlastung der A40 Rheinquerung nicht aufgegeben“, sagte der SPD-Fraktionsvize Günter Zeller. Der dienstälteste Ratspolitiker ist kein Narr. Auch er weiß um die Kosten und die Barriere für das Gleis. „Doch um den Gedanken daran aufgeben zu können, bräuchten wir schon eindeutige Signale aus dem Landesverkehrsministerium in Düsseldorf“, sagt Zeller.

Während die Bahnträume mit wenig Aussicht auf Realisierung so still stehen wie derzeit die rostigen Waggons, machen sich andere Parteien schon Gedanken über eine Nutzung jenseits der Schiene. Sowohl die SPD Moers als auch die CDU Neukirchen-Vluyn plädierten dafür, die alten Schienen einzurollen. Auf dem Gleisbett könnte ein Radschnellweg entstehen (CDU) oder ein eigener Pfad für für Elektrobusse entstehen (SPD), hieß es. Denn für eine Bahn nach Neukirchen-Vluyn sei der Zug eh seit vielen Jahren abgefahren.

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