Offene Werkstatt in Neukirchen Mundschutz aus dem Nähzimmer

NEUKIRCHEN-VLUYN · Unter dem Label Hudhud entsteht an der Hochstraße in Neukirchen normalerweise Kleidung. Jetzt hat die Offene Werkstatt auf Mundschutz-Produktion umgestellt. Eine Anleitung gibt es im Internet.

Der Schneider Jaudat Sido und Projektkoordinatorin Reinhild Freese präsentieren den Mundschutz Marke Eigenbau.

Der Schneider Jaudat Sido und Projektkoordinatorin Reinhild Freese präsentieren den Mundschutz Marke Eigenbau.

Foto: ja/Arnulf Stoffel (ast)

Nähen gegen Corona, das ist aktuell das Motto im Dorf Neukirchen: Das Nähzimmer auf der Hochstraße produziert Gesichtsmasken. Jaudat Sido (35) schafft am Tag rund 70 Exemplare. „Mit Unterstützung sind es um die 100 Gesichtsmasken“, sagt der Schneider aus Syrien, der seit sechs Jahren in Deutschland lebt. Unterstützung durch helfende Hände bedeutet, dass die Stoffe im Maß 17 mal 34 Zentimeter vorbereitet sind, die zwei 90 Zentimeter langen Bänder zum Binden, wie 17 Zentimeter lange Bänder zur Seitenverstärkung geschnitten sind. Sido bringt für dieses Projekt Erfahrung in der Akkordarbeit aus seiner Heimat mit. Jeder Arbeitsschritt bis zur dreimaligen Faltenlegung sitzt, so dass keine Zeit verloren geht. Dank „Heimarbeit“ liegen die vorbereiteten Stoffabschnitte mit bunt-fröhlichen oder dezenter Musterung griffbereit, die Bindebänder türmen sich.

„Wir arbeiten mit gespendeten Stoffen im Vintage-Look und kommen in den kleinen helfenden Gruppen gut klar. Auch im Nähzimmer gilt die Abstandregelung“, sagt Projektkoordinatorin Reinhild Freese. Geeignet sind beispielsweise Betttücher oder ausrangierte Hemden, Blusen oder T-Shirts, die so einer sinnvollen Zweitverwertung zugeführt werden.

Unter dem Dach der Tuwas-Genossenschaft ist das Nähzimmer angesiedelt, das unter dem Modelabel Hudhud Kleidung produziert und jetzt auf Mundschutz-Produktion umgestellt hat. Ähnlich wie die großen Textilhersteller Trigema und Mey. „Mit der Corona-Krise mussten wir unsere Schneiderei mit offener Werkstatt und Kursangeboten schließen“, sagt Reinhild Freese. „Gleichzeitig haben wir überlegt, wie unser Beitrag für andere in dieser Situation aussehen könnte.“ Die Stadt Essen hat mit der Feuerwehr und weiteren Hilfsorganisationen über das Internet einen Aufruf inklusive Anleitung gestartet, sich einen Behelf-Mund-Nasenschutz (BMNS) zu nähen, um das Übertragungsrisiko zu minimieren. Die Verteilung feinster Tröpfchen durch Sprechen, Niesen oder Husten kann so reduziert werden, neben allen empfohlenen Vorsichtsmaßnahmen: Abstandsregelung von zwei Metern in der Öffentlichkeit, regelmäßige Handhygiene und eine Husten-Nies-Etikette, kombiniert mit der Reduzierung sozialer Kontakte.

„Die Anleitung ist einfach. Wichtig ist, dass der kochfeste Stoff atemdurchlässig ist und regelmäßig gewaschen wird. Die Maske liegt über Nase und Mund, das ist das Entscheidende beim Tragen“, so Reinhild Freese. Wie dringend der Bedarf ist, zeigt innerhalb von wenigen Tagen die Nachfrage. 5000 Stück hat die Grafschafter Diakonie bestellt. Rund 700 Stück wurden schon produziert. In Moers verkauft der Seconrella-Online-Shop von Ruth Braun, die das Modelabel Hudhud entwickelte, die Stoffmasken. Der Unverpackt-Laden Tante Pati hat keine Masken mehr vorrätig.

„Wir nähen keinen medizinischen Mund-Nasen-Schutz, sondern einen Schutz für die gefühlte eigene Sicherheit und die anderer Menschen. Ich denke, ein solcher Schutz stärkt die Psyche der Menschen. Auch das ist in unserer Situation wichtig“, betont Freese. Gerade in der Öffentlichkeit, beim Einkaufen, tragen immer mehr Menschen Gesichtsmasken und Handschuhe. „Solche Bilder kannten wir bisher nur aus Ländern wie Korea und China.“

Mundschutz aus dem Neukirchener Nähzimmer
Foto: grafik

Klaus Reinhard von der Bundesärztekammer, der Virologe Drosten wie die Stadt Essen unterstützen in der Materialknappheit mit Handelsengpass die Alternative verbunden mit einer Warnung: Der Atemschutz ist weder zertifiziert oder geprüft, aber er kann vielleicht kann helfen, die Gefahr einer Übertragung zu verkleinern.

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