Neukirchen-Vluyn Lebensreise mit 324 Jahre altem Cello

Neukirchen-Vluyn · Im Rahmen des Kindermusikfestivals Kloster Kamp erlebten gestern 370 begeisterte Dritt- und Viertklässler in der Kulturhalle Neukirchen-Vluyn die Geschichte eines über 300 Jahre alten Musikinstrumentes mit.

 Ilona Christina Schulz schlüpfte aus dem Instrumentenkasten, Alexander Hülshoff, Professor an der Folkwang-Hochschule für Musik in Essen, brachte das Violoncello, um das es im Stück ging, zum Klingen.

Ilona Christina Schulz schlüpfte aus dem Instrumentenkasten, Alexander Hülshoff, Professor an der Folkwang-Hochschule für Musik in Essen, brachte das Violoncello, um das es im Stück ging, zum Klingen.

Foto: Christoph reichwein

Einen großen Unterschied gibt es zwischen einem Cello und einem Menschen. "Je älter ein Cello ist, desto besser, schöner und teurer ist es", sagt Ilona Christina Schulz. Sie schlüpfte am Donnerstag aus einem weißen Instrumentenkasten, um beim Kinder- und Jugendmusikfestival Kloster Kamp ihre Lebensgeschichte als Cello zu erzählen, das schon sehr alt ist, genauer gesagt 324 Jahre.

Zwei Mal lud sie zu der musikalischen Abenteuerreise "Ein Cello erzählt aus seinem Leben" in die Kulturhalle ein. Am Morgenerlebten 200 Dritt- und Viertklässler der Pestalozzi-Schule sowie der Gerhard-Tersteegen-Schule das Stück, kurz von Mittag 170 Dritt- und Viertklässler der Antonius-Grundschule sowie der Friedensreichs-Hundertwasser-Schule.

Das Cello gehörte Alexander Hülshoff, der das Instrument von 1691 auch spielte. Dazu hatte der Professor für Musik an der Essener Folkwang Hochschule zusammen mit Karl Böhmer diese musikalische Abenteuerreise verfasst. "Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts ist es die wirkliche Geschichte, die sich rekonstruieren lässt", erzählte Jeanette von der Leyen, die das Musikfestival mit Alexander Hülshoff und Katharina Apel organisiert, kurz bevor die musikalische Reise begann. "Die Geschichte der ersten 50 Jahre ist ergänzt."

Der Geigenbaumeister Giovanni Grancino stellte das Cello 1691 in Mailand fertig. Über Rom könnte es nach Neapel gekommen sein, wo auch Barockmusik von Arcangelo Corelli darauf gespielt worden sein dürfte, wie die Kinder gestern erfuhren. Über die Alpen gelang es nach Berlin, wo der nachweisbare Lebensweg begann. Es kam nach Paris - Hülshoff strich die Saiten nach Noten von Jean-Louis Duport. Es wurde nach Ungarn verkauft, um dort Ungarische Tänze von Johannes Brahms erklingen zu lassen. Dann kam es nach Argentinien, wo es Musik im Stil des Tango Nuevo von Astor Piazzolla erzeugte. Am Ende landete es in Wien, wo es im Drei-Viertel-Takt eines Walzers von Johann Strauß tanzte. Dort erwarb es Hülshoff vor 20 Jahren.

Die knapp einstündige Reise war kindgerecht aufbereitet. Die Schüler konnten zum Beispiel Lieder mitsingen, um das Cello auf der musikalisch auf dessen Weg zu begleiten. Sie konnten auf ihren Stühlen wippen, um die polternde Fahrt einer Kutsche nachzuempfinden. Oder sie rutschen einmal wie das Cello - alias Ilona Christina Schulz - langsam von ihren Stühlen herunter.

Am Montag geht das Kinder- und Jugendmusikfestival Kloster Kamp weiter, das vor einer Woche mit dem Musical-Projekt "Reset" an der Rheinberg Europaschule begann. Ab dann proben die Kamp-Lintforter Ebertschüler für das Familienkonzert "Terz im Tierpark".

Aufführung ist am Sonntag, 22. März, 11 Uhr, in der Stadthalle Kamp-Lintfort. Dabei werden sie vom Saxofonisten Eike Sax, vom Pianisten Kai Schumacher und vom Schlagzeuger Peter Härtel unterstützt.

In dem Stück geht es um den Affen Fritz, der irgendwann einmal keine grünen Bananen mehr essen will und sich deshalb eine musikalische Reise startet, die wie die musikalische Reise in Neukirchen-Vluyn zum Motto des diesjährigen Festivals passt: "Nur die Musik hat die Macht, Brücken über Grenzen hinweg zu bauen."

(got)
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