Neukirchen-Vluyn Landwirte sehen Ruf durch Stalleinbrecher geschädigt

Neukirchen-Vluyn · Bei ihrer Winterversammlung ließen sich die Ortsbauern über die Rechtslage informieren

 Diethelm Keesen, Vorsitzender der Ortsbauernschaft Neukirchen-Vluyn, bei der Begrüßung der Gäste.

Diethelm Keesen, Vorsitzender der Ortsbauernschaft Neukirchen-Vluyn, bei der Begrüßung der Gäste.

Foto: Reichwein

Für Johannes Leuchtenberg ist die Lage klar. "Wenn Tierschutzvereine Geld sammeln, damit Kamerateams nachts in Ställe einbrechen und filmen, finden sie irgendwann etwas, wenn sie lange genug suchen", sagt der 49-jährige Milchbauer. "Sie werden dafür bezahlt, etwas zu finden. Das ist ein Geschäftsmodell. Auf dem Hof von Landwirtschaftsministerin Christina Schulze Föcking sind sie wohl dreimal eingebrochen, um endlich etwas im Kasten zu haben. So löste das Filmteam eine mediale Hetzkampagne aus, die gruselig ist. Die Landwirtschaft hat mehr Wertschätzung verdient."

Als stellvertretender Vorsitzender der Kreisbauernschaft sieht der Neukirchen-Vluner die Gefahr, dass es auch bei Bauern am Niederrhein zu Einbrüchen kommt. Zum Jahreswechsel hatte er mögliche Stalleinbrecher medial angegriffen. Gestern stand das Thema ganz oben auf der Tagesordnung bei der Winterversammlung der Ortsbauern in der Landgaststätte "Zur Grenze" in Rayen. Dabei sei die rechtliche Lage bei Stalleinbrüchen nicht klar, wie Katharina Wielage erläuterte, nachdem Diethelm Keesen als Vorsitzender der Ortsbauernschaft Neukirchen-Vluyn 40 Besucher begrüßt hatte. "Ein Stalleinbruch ist Hausfriedensbruch", sagte die 32-jährige Juristin und Geschäftsführerin der Kreisbauernschaft Wesel. "Dieser Hausfriedensbruch wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft, wenn er innerhalb von drei Monaten angezeigt wird."

Dem Rechtsgut des Hausfriedens stehe das Rechtsgut des Tierschutzes gegenüber, das das Amtsgericht Haldersleben und das Landgericht Magdeburg höher bewertet hätten. Die beiden Gerichte hätten Stalleinbrecher, die 2013 in einen Großbetrieb mit 62.000 Schweinen eingebrochen seien, um das Filmmaterial im Internet und im Fernsehen zu veröffentlichen, freigesprochen und sogar gelobt. Zum einen hätten die Richter den Begriff der Notwehr, auf Tiere übertragen, die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch keine Menschen, sondern Sachen seien. Zum anderen hätten sie den Eingriff bei Notwehr für gerechtfertigt gehalten, da das zuständige Veterinäramt als staatliche Gewalt Hinweise auf Vergehen nicht verfolgt habe. Zurzeit setze sich das Oberlandesgericht Naumburg mit dem Fall auseinander. "Die Tierschützer wollen auf jeden Fall vor das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe ziehen, um rechtliche Klarheit zu haben", erläuterte die Referentin.

Die Rechtsauffassung in Sachsen-Anhalt löste bei den Landwirten Entsetzen aus, wie die Fragen nach dem Referat zeigten. Zumal noch kein Gerichtsurteil dazu vorliege, wie jemand entschädigt wird, der durch falsche Vorwürfe im Internet seinen Ruf und Teile seines Umsatzes verliert - beispielsweise als Selbstvermarkter seiner Lebensmittel.

(got)
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