Neukirchen-Vluyn Käufer pocht auf Recht zur Sonderkündigung

Neukirchen-Vluyn · Bürgermeister Harald Lenßen hat mit Sebastian Olbrich, dem Käufer der Nau-Häuser über die überraschende Kündigungswelle gesprochen. Der Eigentümer gibt Zeitdruck als Grund für die Maßnahme an.

 Blick auf eines der Gebäude am Vluyner Nordring. Nur ein Teil der Gebäude vor Ort sind noch bewohnt.

Blick auf eines der Gebäude am Vluyner Nordring. Nur ein Teil der Gebäude vor Ort sind noch bewohnt.

Foto: Dieker

"Für uns war es ein Schock, als wir die Kündigung bekamen", sagt Ajmone Ukaj. Sie steht vor einem der Häuser am Vluyner Nordring und macht ihrem Herzen Luft. "Einfach die Wohnung wechseln, das ist nicht so einfach. Wir haben acht Kinder."

Die Ukajs sind eine von rund 150 Mietparteien in den so genannten Nau-Häuser in Vluyn, die jüngst zwei Schreiben der Verwaltungsgesellschaft im Briefkasten fanden. Das erste Schreiben kündigt den Bewohnern die vier Wände bis Ende März. Als Grund werden Sanierungsarbeiten angegeben.

Das zweite Schreiben ist ein Formular, mit dem die Betroffenen Interesse an einer anderen Wohnung melden können, nämlich am Kiefern-, Ulmen- oder Terniepenweg. Auch diese Häuser hat der neue Eigentümer Sebastian Olbrich Anfang Dezember bei der Zwangsversteigerung der Bauten erworben.

Auch Mieter Dirk Biallas hat das Schreiben bekommen, er sieht die Sache aber gelassener. "Wir schauen uns gleich eine neue Wohnung an", sagt er. Und die gehört nicht zu den Nau-Bauten. Schimpfen möchte Biallas nicht, er hat sogar Verständnis für die Maßnahme. "Saniert werden muss, das ist doch klar. Es ist doch gut, dass sich etwas tut."

Allerdings war die Stadtverwaltung überrascht, über die Kündigungswelle hatte sie niemand informiert. Aus diesem Grund suchte Bürgermeister Harald Lenßen (CDU) gestern das Gespräch mit der Verwaltungsgesellschaft Lindenthal-Gartenstadt und mit Sebastian Olbrich. "Natürlich hat der Käufer das Recht zu dieser Maßnahme", erklärt Stadtsprecher Frank Grusen. "Allerdings war für Ende Januar ein Termin angedacht, bei dem wir mit Herrn Olbrich über die Zukunft der Gebäude reden wollten."

Dass die Kündigungen bereits jetzt rausgeschickt worden, so habe Olbrich gestern erklärt, habe zeitliche Gründe. "Es gebe ein Sonderkündigungsrecht durch die Zwangsversteigerung", erläutert Grusen. Laut Olbrich hätte die Gefahr bestanden, dass nötige Maßnahmen sich hinausgezögert hätten, wenn jetzt nicht die Kündigungen verschickt worden wären. Der Termin Ende Januar sei aber unbestritten und werde stattfinden, habe der Investor versichert.

Peter Hess vom Mieterschutzbund in Moers beobachtet die Vorgänge aufmerksam: "Aus Eigentümersicht ist es natürlich überlegenswert, die Objekte leerzuräumen." Und es sei auch unumstritten, dass beim Brandschutz saniert werden müsse. "Es stellt sich aber die Frage, ob deshalb gleich gekündigt werden muss." Hess rechnet damit, dass in den nächsten Tagen beim Mieterschutzbund verstärkt Anfragen von Betroffenen eingehen werden.

Die Kündigung erhalten hat auch der "Treff 55" des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis Kleve. Im Erdgeschoss des Hauses Nr. 55 am Vluyner Nordring bieten die Mitarbeiter Hilfestellung an bei sozialen Problemen, zum Beispiel der Schuldnerberatung. "Das ist nicht so einfach", meint Rainer Tyrakowski-Freese, der Geschäftsführer des Diakonischen Werkes. "Wir sind schließlich die einzige soziale Einrichtung in diesem Viertel."

(RP)
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