Serie Alt werden auf dem Land Das Dorf muss für die Alten sorgen

Rheurdt · Wohnen, leben, medizinische Versorgung – wie klappt das, wenn in Rheurdt doppelt so viele alte Menschen wohnen?

 Gute Stimmung bei den Senioren: Sommerfest im Haus Quademechels in Rheurdt.

Gute Stimmung bei den Senioren: Sommerfest im Haus Quademechels in Rheurdt.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Diese Prognose rüttelt wach. Bis 2040 soll sich der Anteil älterer Menschen in Rheurdt verdoppeln. Das stellt die Gemeinde vor Herausforderungen. Mit der neuen Serie „Alt werden auf dem Land“ wollen wir den Facetten der älter werdenden Dorfgemeinschaft nachspüren. Welchen Einfluss gibt es auf die medizinische Versorgung? Gibt es genug altengerechte Wohnungen? Und wie schaffen es alte Menschen, so lange wie möglich ein Leben in ihren eigenen vier Wänden zu können?

Dass sich der Anteil der Senioren in Rheurdt bis zum Jahr 2040 verdoppeln wird, hörten die Ratsmitglieder in einer Ratssitzung: Statt heute rund 1.700 Frauen und Männer jenseits der 60 werden dann mehr als 3.400 alte Menschen im Ökodorf wohnen. Zwar hält Rheurdt im Internet einen 24-seitigen Senioren-Wegweiser mit vielen Adressen bereit. Doch es mangelt bei den Rahmenbedingungen.

Als Negativbeispiel werden von Senioren sehr häufig die Banken genannt. In Schaephuysen haben Raiffeisenbank und Sparkasse ihre Filialen geschlossen. Wie Menschen über 60 an Bargeld kommen sollen, interessiert die auf niedrige Betriebskosten bedachten Institute nicht, klagen Senioren. Auf Online-Banking, Kreditkarten oder gar Bezahlen per Handy möchten sich viele langjährige und in Ehren ergraute Bankkunden nicht einlassen.

„Ich werde oft von unseren Gästen gefragt, ob sie jemand zu einem Arzt fahren oder bei Besorgungen oder Amtsgängen begleiten kann“, sagt Christa Hoeps, die Leiterin der DRK-Seniorenbegegnungsstätte Haus Quademechels. In ihrer gewohnten Umgebung fänden sich die die meisten Senioren gut zurecht; bei außergewöhnlichen Abstechern aber wäre eine Begleitung willkommen. Da fehlten die klassischen Zivildienstleistenden. Auf Christa Hoeps werden wir im Rahmen der Serie zurückkommen.

Das Thema Wohnen beschäftigt gerade die Verwaltung in Rheurdt. Traditionell gibt es hier viele Ein- und Zweifamilienhäuser. Für Menschen in einem höheren Alter ist das aber nicht unbedingt die gewünschte Wohnform. „Es kommen häufig Bürger zu mir, die ihr Häuschen gerne verkaufen würden – und von dem Erlös eine Eigentumswohnung in Rheurdt erwerben wollen“, berichtet Bürgermeister Klaus Kleinenkuhnen. An Wohnungen mit einer Größe zwischen 55 und 95 Quadratmetern, barrierefrei und seniorengerecht– da mangelt es. Nicht nur in Rheurdt. Spannend wird deshalb unser Blick auf neue Formen des Zusammenwohnens im Alter sein.

Nicht Zuletzt – aber wichtig – geht es um die medizinische Versorgung. Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann schätzt, dass in den nächsten zehn Jahren jeder zweite niedergelassene Hausarzt in Nordhrein-Westfalen in Rente gehen wird. Von den 11.100 Hausärzten in NRW sind 6000 älter als 55 Jahre und 1250 sogar älter als 65 Jahre.

Als erste Maßnahme zum Gegensteuern soll der strenge Numerus clausus ausgesetzt werden: Zum Wintersemester 2019/2020 sollen in NRW 170 junge Studenten bevorzugt Plätze für ein Medizinstudium erhalten. Im Gegenzug müssen sie sich verpflichten, für zehn Jahre in unterversorgten Regionen als Ärzte zu arbeiten. Damit will das Land den Mangel an Land-Ärzten bekämpfen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort