Im Museum von Neukirchen-Vluyn Mit der Ondulierschere zur Olympiawelle

Neukirchen-Vluyn. · Der Salon von Rudolf Kühn öffnete von 1952 bis 1987 an der Feldstraße. Heute ist er ein Museums-Stück – im Obergeschoss der Kulturhalle.

 Nina Sdrenka legt bei Ex-Chef Herbert van Baal Hand an – im Museums-Friseursalon und mit einer mechanischen Haarschneidemaschine.

Nina Sdrenka legt bei Ex-Chef Herbert van Baal Hand an – im Museums-Friseursalon und mit einer mechanischen Haarschneidemaschine.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Mit der Ondulierschere ließ sich eine Lockenpracht zaubern oder Perücke oder Toupet wieder in Form bringen. Friseurin Nina Sdrenka (26) hält die Brennschere ratlos in der Hand. „Ich weiß nicht, wie ich damit arbeiten könnte“, sagt sie. Ihr Chef, Friseurmeister Herbert van Baal (65), zeigt, wie die Ondulierschere mit einem Zusatzgerät erhitzt wurde. „Damit ließ sich in den 1930er Jahren die sogenannte Olympia-Welle machen“, sagt der Friseurmeister. Das Haar wurde als Außenrolle geformt und im Nacken festgesteckt. Dazu gehörte ein in kleine Löckchen gedrehter Pony.

„Das wäre heute die Arbeit mit einem Curler, einem Lockenstab“, sagt Nina. Was aktuell die elektrische Haarschneidmaschinen beim trendigen Undercut erledigen, leistete einst ein manueller Haarschneider für den Nackenbereich, den Friseurin Nina sofort ausprobiert. „So war man unabhängig vom Strom“, sagt van Baal. Beim Blick in die Schubladen und die Vitrine entdeckt Nina original Kabinett-Haarklemmer und Haarkosmetik, Marke „Fit und Flott“, oder „Diplona“, Vitamin Haarwasser mit Fett, so die Aufschrift. Ein Produkt, das heute als Birkenwasser zu bekommen ist.

 Nachdem der Inhaber des Friseursalons, Rudolf Kühn, alle Auflagen erfüllt hatte, durfte er 4711-Produkte führen und sein Geschäft „Parfümerie“ nennen.

Nachdem der Inhaber des Friseursalons, Rudolf Kühn, alle Auflagen erfüllt hatte, durfte er 4711-Produkte führen und sein Geschäft „Parfümerie“ nennen.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Rudolf Kühn durfte damals, nachdem er in den 1950er Jahren die Außenfassade weiß verklinkert hatte, 4711-Produkte und Kosmetika wie „Mouson“ anbieten und sein Geschäft offiziell „Parfümerie“ nennen. „Der Klinkervorbau war eine Auflage vom 4711-Stammhaus“, erläutert Museumsleiterin Jutta Lubkowski.

In der Auslage befinden sich sogenannte Zweitfrisuren aus Kunst und Echthaar. „98 Mark kostete damals ein Fiffi aus Kunsthaar. Dazu gehörte ein Perückenkopf und für den Transport ein Perückenkoffer“, so van Baal über die Haarmode aus den 1970er Jahren. „Waschen und legen der Perücke kostete 7,80 D-Mark.“

Museumsleiterin Jutta Lubkowski hebt Rasierpinsel und Rasierschale hervor, denn der Friseur rasierte auch. „Damals ging man bis zu drei Mal pro Woche zum Friseur. Aufgrund der Hygienebestimmungen hatte jeder Kunde seine eigene Rasierschale mit Pinsel“, so van Baal. Hautritzer wurden mit blutstillendem Alaun versorgt. Typisch für den Salon jener Zeit war die Kabine mit Vorhang, in der die Kunden bedient wurden und vor neugierigen Blicken geschützt waren.

Anders als heute arbeitete die Friseurin beim Haarewaschen mit einem mobilen Waschbrett. Die Keramikwaschbecken mit Sessel kamen erst später. Geblieben sind Lockenwickler jeglicher Art, so auch die „Röllekes“ für die Dauerwellen. „Der Stil der Frisuren hat sich geändert“, sagt Nina. Galt früher die Dauerwelle, später bei Männern „Minipli“ als der modisch letzte Schrei in der Haarkunst, sind es heute die pflegeleichten Fönfrisuren, die frechen Farben, mit denen sich Highlights setzen lassen. „Die Blondierfarben sind nicht mehr so hochprozentig wie früher“, so Nina über die heute gängige Haarkosmetik.

„Menschliches Haar galt als unvergänglich“, ergänzt Museumsleiterin Jutta Lubkowski. „Bis ins 19. Jahrhundert waren Haarbilder üblich. Die Blumen-Motive wurden aus dem Haar eines Familienmitglieds gefertigt.

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